Getreide ist heute aus der menschlichen Ernährung nicht mehr wegzudenken. Es gibt zahlreiche Sorten, die durch Züchtung entstanden sind. Einige Sorten aus den Anfängen der Getreidekultur haben sich noch bis in die heutige Zeit erhalten.
Nutzung von Wildgetreide – wie alles begann
Die Geschichte des Getreides begann bereits vor ungefähr 32.000 Jahren, als Wildgetreide als Nahrungsmittel genutzt wurde. Getreide gehört zu den Süßgräsern. Die Menschen begannen, die Samen dieser Süßgräser mit Steinen zu zerreiben. Die nomadisierenden Jäger und Sammler begannen in der jüngeren Steinzeit mit Ackerbau und Viehzucht und wurden sesshaft. Aus den zerriebenen Samenkörnern von Süßgräsern rührten sie Brei an. Auf heißen Steinplatten rösteten sie diesen Brei über einer Feuerstelle. So entstanden die einfachsten Fladenbrote.
In einigen Entwicklungsländern werden solche ungesäuerten Fladenbrote noch heute gebacken und verzehrt. Aus dem Wildgetreide entstanden verschiedene Kulturgetreide-Sorten. Im antiken Griechenland betrug der Anteil von Getreide an der Ernährung Schätzungen zufolge 70 bis 75 Prozent.
Die wichtigsten Getreidesorten seit der Urzeit
In der Urzeit gab es sechs Getreidesorten, die hauptsächlich für die Ernährung der Menschen dienten:
Diese Sorten sind mit den heutigen Getreidesorten oft kaum noch vergleichbar. Damals wurde Urweizen verwendet. Seit der Jungsteinzeit werden Emmer und Einkorn als älteste Weizensorten kultiviert. Der heutige Weizen ist in zahlreichen Züchtungen vorhanden. Mais kam mit der Entdeckung Amerikas hinzu. Die Maya begannen frühzeitig mit der Kultur von Mais. Die Milpa-Kultur ist noch heute von Bedeutung. Die Rede ist von den drei Schwestern im Beet – Mais, Kürbis und Bohnen, die voneinander profitieren. Roggen wird seit dem späten Altertum verwendet.
Beginn der Kultur von Getreide
Vor ungefähr 10.000 Jahren begannen die Menschen, Getreide anzubauen und zu züchten. Im Fruchtbaren Halbmond, einer Region nördlich der syrischen Wüste, ist belegt, dass der Getreideanbau dort bereits vor mehr als 10.000 Jahren begann. Getreide wuchs dort auch in den milden Wintern. Es wurden hauptsächlich Einkorn, Emmer und Gerste kultiviert. Vor ungefähr 7.000 Jahren begann der Getreideanbau in Mittel- und Westeuropa.
Die Bedeutung von Getreide für die Menschheit wird deutlich unter dem Aspekt, dass um die Kornkammern und die Anbaugebiete von Getreide im Laufe der Jahrtausende mehr Kriege als um Gold geführt wurden. Missernten führen auch heute noch in vielen Ländern zu Not und Unterernährung.
An die Region angepasster Getreideanbau
Jede Hochkultur besitzt ihren eigenen Getreideanbau, der an die jeweilige Region angepasst ist. Für Mais waren die Bedingungen in Mittel- und Südamerika gut, weshalb das Getreide dort seinen Ursprung hat. Asien bietet gute Bedingungen für die Reiskultur, während in Afrika gute Bedingungen für Hirse herrschen. Die Römer begannen mit der Weizenkultur. Roggen und Gerste haben ihren Ursprung bei den nordischen Völkern. Die Kultur von Getreide ist durch die klimatischen Bedingungen, den Boden und die landwirtschaftlichen Traditionen in den jeweiligen Regionen geprägt.
Die Erfindung des gesäuerten Brotes
Gesäuertes Brot hat bereits eine lange Tradition. So wie viele Erfindungen entstand auch die Idee für gesäuertes Brot durch einen Zufall. Vor ungefähr 2.000 Jahren war in Ägypten Teig für die Bereitung von Fladenbrot vergessen worden und begann zu gären. Aus dem gesäuerten Teig wurde trotzdem Brot gebacken. Die Ägypter stellten fest, dass dieses Brot bekömmlicher und kaufähiger als das ursprüngliche Fladenbrot war. Die bei der Gärung entstandenen Gasbläschen hatten den Teig bereits locker gemacht.
Die Juden übernahmen diese Technik, als sie während der ägyptischen Gefangenschaft Sauerteig kennenlernten. Diese Backtechnik breitete sich in andere Länder aus. Die Griechen verwendeten für den Teig Milch, Honig und Gewürze und verbesserten ihre Backöfen. Im Jahr 170 vor Christus wurde die griechische Backtechnik in Rom eingeführt.
Getreideanbau in Europa
Getreide hat seinen Ursprung nicht in Europa. Die heutige Form der Landwirtschaft prägte sich in Europa aus, nachdem die Backkultur mit Sauerteig nach Europa gelangte. Da Getreidekörner lange haltbar sind, konnten Vorräte angelegt werden. Die waldfreien Äcker in Mitteleuropa stellen hervorragende Anbaugebiete für Getreide dar und ähneln in ihren ökologischen Systemen und mit ihren klimatischen Bedingungen den ursprünglichen Anbaugebieten im Nahen Osten. Der Westen Eurasiens gilt als Hauptanbaugebiet von Getreide. Von der Westküste Europas bis in die Ukraine erstrecken sich braune Lößböden, die fruchtbar sind und über eine hochwertige mineralische Qualität verfügen.
Getreidekultur und Veränderungen
Bereits seit Jahrtausenden greift der Mensch in das Wachstum der Getreidepflanzen ein, um Sorten mit besseren Eigenschaften zu züchten. Bei den Getreidesorten handelt es sich um Mutationen und Varianten. Mit der Züchtung und Kreuzung von Getreide verfolgt der Mensch mehrere Ziele:
- größere Körner
- höhere Erträge
- Widerstandsfähigkeit gegen klimatische Bedingungen
- Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge
Züchtungen und Kreuzungen im Verlauf von Jahrtausenden waren notwendig, um die Erträge zu steigern und das Korn gewinnbringend anzubauen. Voraussetzungen dafür sind ein tragfähiger Halm, der die Ähre mit den Körnern tragen kann, und eine Ähre, die die Körner bis zur Ernte zusammenhält.
Saatzucht als intensives Forschungsfeld
Die Saatzucht von Getreide ist noch heute ein intensives Forschungsfeld, um widerstandsfähige und ertragreiche Sorten hervorzubringen. Seit 1970 hat sich die Ertragsdichte von Getreide bei gleicher Nutzung der Ressourcen weltweit verdoppelt. Ein wichtiges Ziel sind heute kürzere Reifephasen des Korns. Das Wachstum der Pflanzen wird heute so beeinflusst, dass die Halme kürzer werden. Die Getreidepflanzen stecken ihre Kraft dann weniger in die Halme, sondern vermehrt in die Körner. Auch die Ertragsdichte und die Resistenz gegen Klimaschwankungen sowie Krankheiten sind wichtige Zuchtziele.
Das Bundessortenamt in Hannover führt ein amtliches Sortenregister für Getreide. In ihm ist festgelegt, welche Getreidesorten die Bauern anbauen dürfen. Ein wichtiges Ziel ist der Erhalt der Sortenvielfalt. Bei der Biodiversität geht es darum, durch Einkreuzen mit alten und wenig angebauten Arten den Genpool der Getreidesorten aufzufrischen.
Artenvielfalt und ihre Bedeutung
Die moderne Saatzucht führt zu weniger Sortenvielfalt, da aus wirtschaftlichen Gründen vorrangig Sorten mit hohen Erträgen angebaut werden, die resistent gegen Krankheiten und Schädlinge sind. Dabei besteht die Gefahr, dass die Artenvielfalt verlorengeht. Die industrielle Landwirtschaft hat sich auf diese resistenten und ertragreichen Sorten eingestellt. Es gibt nahezu für jede Sorte spezialisierte Insektizide, Fungizide und andere Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel. Auch einen eigenen Düngerschlüssel gibt es für jede Sorte.
Diese Monokulturen stellen eine ernsthafte Gefahr für die Biodiversität dar. Spezialisierte Schädlinge, Pilze und Krankheiten finden aufgrund der mangelnden Biodiversität großflächige Nährräume. Umso bedeutender wird eine ökologisch-nachhaltige Getreidezucht. Auch hier sind Züchtungen wichtig, doch kommt es darauf an, dass sie umweltverträglich sind.
Alte und neue Getreidesorten
Neben den Hauptgetreidesorten Weizen, Gerste, Hafer, Mais, Reis, Hirse und Roggen gibt es noch zahlreiche andere Getreidesorten. Sie sind aus den Hauptgetreidesorten entstanden. Hafer gilt als europäisches Urgetreide. Er war Grundnahrungsmittel in Schottland, wird häufig als Viehfutter verwendet und ist heute wieder als Nahrungsmittel gefragt. Roggen als alte Getreidesorte gedeiht auch in kälteren Regionen gut. Eine ältere Getreidesorte ist auch Dinkel, der zur Weizengattung gehört.
Im Jahr 2022 waren in Deutschland die folgenden Getreidesorten zugelassen:
- Mais für die Körnernutzung mit 177 Sorten
- Mais für die Silonutzung mit 227 Sorten
- Winterweichweizen mit 154 Sorten
- Sommerweichweizen mit 34 Sorten
- Sommergerste, zweizeilig, mit 49 Sorten
- Wintergerste, zweizeilig, mit 49 Sorten
- Wintergerste, mehrzeilig, mit 45 Sorten
- Winterroggen mit 36 Sorten
- Hartweizen als Sommer- und Wintergetreide mit 9 Sorten
- Sommerhafer mit 26 Sorten
- Wintertriticale als Kreuzung aus Weizen und Roggen mit 33 Sorten
- Winterspelz (Dinkel) mit 23 Sorten
- Sorghumhirse mit 8 Sorten
Unterscheidung in Sommer- und Wintergetreide
Aufgrund der klimatischen Bedingungen in Mitteleuropa wird bei vielen Getreidesorten zwischen Sommer- und Wintergetreide unterschieden. Sommergetreide benötigt für die Erntereife nur ungefähr ein halbes Jahr. Wichtige Sommergetreidesorten in Mitteleuropa sind Saathafer, Mais und Sommergerste. Wintergetreide wird häufig schon im September ausgesät. Es benötigt im Gegensatz zu Sommergetreide eine Frostperiode, damit es im Frühjahr wachsen kann. Die Ernte ist ab Juni des auf die Aussaat folgenden Jahres möglich.
Die Winterfeuchtigkeit der Böden und die Frühlingswärme bieten gute Wachstumsbedingungen. Die Erträge von Wintergetreide liegen daher deutlich über denen von Sommergetreide. Die Ernte ist früher als bei Sommergetreide möglich. Die wichtigsten Wintergetreidesorten im mitteleuropäischen Raum sind Winterweizen, Wintergerste, Winterroggen und Wintertriticale.