Begriffe wie Insektensterben, Biodiversität und Klimawandel sind in aller Munde. Denn wir wissen alle, wie wichtig es ist, die kränkelnde Natur zu unterstützen. In den eigenen Gärten ist jeder selbst dafür verantwortlich, wobei hier bereits der Gesetzgeber einschreitet. So sind beispielsweise Schottergärten in verschiedenen Städten und Gemeinden und sogar in vier Bundesländern (Hamburg, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg) verboten. Das heißt, dass niemand mehr einen neuen Schottergarten anlegen darf. Wie aber sieht es mit öffentlichen Flächen aus?
Grünflächenanteil in deutschen Städten
Wenn man liest, dass laut Statistik (statista.com) der Grünflächenanteil in Hamburg bei über 71 % liegt, dann hört sich das erst einmal nicht schlecht an. Beinahe drei Viertel der städtischen Flächen in der Hansestadt sind begrünt. Es folgen Dortmund (70 %), Stuttgart (69 %) und Dresden (69 %). Unter 50 % fallen dagegen München (49 %), Nürnberg (47 %) und Leipzig (42 %). Dabei ist es nicht immer entscheidend, ob Grün vorhanden ist, sondern wie die Grünflächen genutzt werden. Denn eine bloße Rasenfläche ist für viele Insekten schlicht und einfach wertlos.
Guerilla-Gärtner unterwegs
Vielleicht haben Sie ja schon einmal von Guerilla-Gärtnern gehört. Die Absicht dahinter ist lobenswert, die Umsetzung fraglich. Die Aktivisten hinter diesen Aktionen sind, bewaffnet mit Schaufeln, Erde, Dünger, Samen und Pflanzen, in vielen Städten unterwegs und verschönern zahlreiche Flächen wie Seitenstreifen, Verkehrsinseln, Parkanlagen etc. Viele Städte gehen dagegen vor und entfernen das Gepflanzte wieder, andere pflegen es sogar. Genau genommen ist es illegal und laut Gesetz eine Sachbeschädigung, denn die Flächen gehören den Städten und Gemeinden oder gar Privatleuten.
Illegal etwas bepflanzen ist die eine Seite, gegen eine gute Absicht vorzugehen die andere. Daher haben sich viele Aktivisten zu Vereinigungen und sogar Vereinen zusammengeschlossen und kommunizieren mit den Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden, um gemeinsam etwas zu bewegen. Denn allein mit dem Bepflanzen ist es nicht getan, Grünflächen müssen schließlich auch gepflegt werden.
Wie Flächenaufwertung finanziert werden kann
Fläche ist nicht gleich Fläche. So gibt es beispielsweise Grünflächen in Kreisverkehren, auf Seitensteifen oder als Trennung von Fahrbahnen. Hier sind verkehrsrechtliche Dinge zu beachten, sodass man dort nicht einfach willkürlich bepflanzen kann. Aber auch in Anlagen, Parks und dergleichen sind Flächen vorhanden, die nicht optimal genutzt werden. Hier könnten Städte und Gemeinden mehr tun, als dies bisher der Fall ist. Das Problem dabei ist – wie überall – das liebe Geld. Denn die Pflege von Grünflächen kostet Geld.
Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten auch für Städte und Gemeinden Förderungen im Bereich des Naturschutzes zu beantragen, was in der Praxis allerdings noch zu wenig genutzt wird. Unterstützung erfolgt unter anderem von folgenden Seiten:
- EU-Förderungen im Rahmen des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF)
- Bundesförderung im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt
- Landesförderung im Rahmen von Vertragsnaturschutzmaßnahmen
- Stiftungen wie beispielsweise Aktion Kulturland, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Heinz Sielmann Stiftung und Norddeutsche Stiftung für Umwelt und Entwicklung
- Wirtschaftskooperationen mit Unternehmen oder landwirtschaftlichen Betrieben aus den jeweiligen Regionen
Flächenaufwertung – was getan werden kann
Bei einer Flächenaufwertung in Orten muss auf zweierlei Dinge geachtet werden. Zum einen sollten die Flächen die Artenvielfalt fördern, zum anderen den Menschen Gelegenheiten zur Erholung und zu Aktivitäten bieten. Hierbei sind mehrere Möglichkeiten denkbar.
- Vielfalt durch Wildblumenwiesen
Jeder Gärtner weiß, dass eine Wildblumenwiese mehr für die Artenvielfalt tut, als ein Golfrasen. Dabei müssen die Grünbereiche gar nicht groß sein. Schon eine kleine Fläche auf dem Seitenstreifen oder an einer Verkehrsinsel genügt, um aus einem Stück Gras eine Wildblumenwiese entstehen zu lassen. Solche Wiesen sind pflegeleicht, denn man überlässt sie einfach sich selbst, gemäht wird maximal zweimal im Jahr, schließlich sollen die Blumen wachsen und so Bienen, Hummeln, Schmetterlinge & Co. anlocken.
Verständlich, dass eine solche Wiese nicht überall angesät werden kann, denn sie wird höher als ein Stück Rasen. Dennoch gibt es in vielen Orten zahlreiche Flächen, die dafür bestens geeignet sind. Auch die Pflege gestaltet sich einfacher. Während ein Rasen alle paar Wochen gemäht wird und gerade im Hochsommer regelmäßig gegossen werden sollte, kann eine Wildblumenwiese sich selbst überlassen werden. Mähen – wie oben geschrieben – maximal zweimal im Jahr, feucht halten nur nach der Aussaat. Je höher und dichter die Blumen zusammenwachsen, umso weniger muss zusätzlich gegossen werden.
- Freizeitmöglichkeiten durch Sportplatzrasen
Doch auch Rasenflächen ohne Blumen haben in Städten und Gemeinden ihre Vorteile. So sollte immer an Menschen gedacht werden, die in den urbanen Bereichen nach Erholung und Freizeitmöglichkeiten suchen. Pflegeleichte Rasenflächen, die als Liegeflächen genutzt werden können, sollten dabei ebenso berücksichtigt werden, wie Rasenflächen für Sportmöglichkeiten. Hier bietet sich die Aussaat eines speziellen und strapazierfähigen Sportplatzrasens an.
- Abwechslung durch Bäume und Büsche
Dass Bäume und Büsche für eine gesunde Umwelt unerlässlich sind, muss nicht extra betont werden. Sie sind Sauerstofflieferant und sorgen für Abkühlung in den im Sommer oft aufgeheizten Betonwüsten. Doch nicht nur wir Menschen profitieren davon, sondern auch die Tierwelt. Gerade Vögel suchen in Städten oftmals vergeblich nach Rückzugs- und Nistmöglichkeiten. Mit Bäumen und Büschen werden diese geschaffen und Vögel angelockt. In Verbindung mit den oben genannten Wildblumenwiesen finden Vögel zudem Nahrung und können die Population erhöhen.
Das ist wichtig, denn der Vogelschwund in Deutschland, ja auf der ganzen Welt ist erschreckend. Das zeigen Zahlen, die zwischen 1980 und 2016 erhoben wurden. In dieser Zeit nahm der Vogelbestand in der Europäischen Union um 56 % ab. Vögel, die früher täglich gesehen wurden, sind heute kaum noch vorhanden. Dazu zählen zum Beispiel der Star, die Feldlerche und die Kiebitze. Regional sind manche Arten sogar schon ausgestorben. Ursachen für das Vogelsterben sind neben dem Insektensterben und der Landwirtschaft vor allem der Verlust an Natur und Lebensraum. Hier gilt es in den Städten und Gemeinden anzustetzen.