Die Niederländer hatten schon immer eine Affinität zu Tulpen. Manch einer glaubt sogar, dass die Tulpen aus den Niederlanden stammen. Dem ist aber nicht so. Ursprünglich kommen Tulpen aus Mittel- und Zentralasien, wo sie wild wachsen und bis heute als Liebesblume gelten. Im Laufe der Zeit verbreitete sich der Frühlingsblüher immer weiter und eroberte auch andere Länder. So kam die Tulpe vermutlich Mitte des 16. Jahrhunderts in den Niederlanden an, wo sie sofort auf zahlreiche Liebhaber stieß.
Tulpen – regelrechte Garten-Kunstwerke
Von Beginn an waren Tulpen für die Niederländer nicht einfach nur Blumen. Vielmehr wurden sie regelrecht als Kunstwerke angesehen. Nicht nur, dass viele Maler sie in Form von Stillleben verewigten, Tulpen wurden auch in Gärten in den Mittelpunkt gesetzt. Gerade die reichen, in vornehmen Wohngegenden lebenden Bürger, konnten sich über weitläufige Gärten freuen. Diese geometrisch angelegten grünen Oasen waren zwar nur spärlich bepflanzt, die Farbenpracht der Tulpen aber setzten sie besonders in Szene. So wurden Tulpen einzeln eingepflanzt und von freien Flächen umrahmt, sodass die Blumen auch hier als Kunstwerk dienten.
Die Tulpe als wertvolles Sammel- und Handelsobjekt
Immer wieder kamen Schiffe aus Fernost in den niederländischen Häfen an und brachten Tulpenzwiebeln mit, die eine noch schönere Blütenpracht versprachen. Selbst wenn Tulpen meist nie länger als zwei Wochen im Jahr blühen, entwickelten sie sich zum begehrten Sammlerobjekt. Und noch mehr: Innerhalb von wenigen Jahren begann man damit, mit Tulpenzwiebeln zu handeln. Findige Händler, sogenannte Bloemisten, trafen sich zur Blütezeit der Tulpen, um besondere Exemplare einzukaufen.
Tulpenkauf mit erheblichem Risiko
Da immer mehr Menschen von der Sammelleidenschaft gepackt wurden, kam es zu einem umfangreichen Handel. Wobei man immer bedenken muss, dass lediglich die Tulpenzwiebeln gekauft wurden. Sprich: Es gab beim Kauf keine Garantie, dass die Zwiebeln im kommenden Jahr blühen würden. So können – wir wissen das alle – Tulpenzwiebeln während der Lagerung oder auch wenn sie im Herbst wieder in die Erde kommen, von Krankheiten, Bakterien, Viren, Schädlingen und dergleichen befallen werden. Das Risiko eines Verlustes war somit immer gegeben. Der Tulpenhandel war damals somit als ein Glücksspiel anzusehen. Doch das kümmerte Händler und Sammler zunächst wenig.
Tulpen teurer als Gold
Stattdessen wurde immer weiter Tulpenhandel betrieben, die Nachfrage stieg und somit auch die Preise. Das führte soweit, dass die Tulpenpreise explodierten. Mittlerweile zahlte man für besonders schöne und seltene Exemplare nicht selten das Zehnfache und noch mehr. Eine Tulpenzwiebel konnte nicht selten mit dem Preis eines Stadthauses in Amsterdam gleichgesetzt werden. Für so manchen waren Tulpen damit wertvoller als Gold geworden. Und ein Ende war erst einmal nicht in Sicht.
Die Tulpe als Spekulationsobjekt
Viele Sammler erkannten mit der Zeit, dass sich mit Tulpenzwiebeln Geld machen lässt. Man kauft die Zwiebeln relativ günstig ein, wartet etwas ab und beobachtet, wie die Preise weiter steigen. Schließlich verkauft man zu einem höheren Preis und streicht den Gewinn ein. Damit wurde die Tulpe zum Spekulationsobjekt. Nichts anderes passiert an der Börse. Interessanterweise wurde die erste Börse der Welt im Jahr 1409 übrigens im niederländischen Brügge gegründet – gehandelt wurden Tulpen an der Börse allerdings nie.
Neben dem Wiederverkauf von Tulpenzwiebeln gab es aber noch einen weiteren lukrativen Aspekt: Im Laufe der Zeit vermehrten sich die Zwiebeln durch Tochterzwiebeln selbst. Man musste also nichts weiter tun, als abzuwarten und konnte irgendwann großen Reibach machen. Dieses lukrative Geschäft wurde so weit getrieben, dass ab etwa 1630 in den Niederlanden eine regelrechte Tulpenmanie einsetzte.
Die erste Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte
Ein paar Jahre ging das Ganze gut, doch dann kam es unweigerlich zum Crash. Die Tulpenmanie ist bis heute die erste Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte, die nachvollziehbar ist. Doch was ist eigentlich eine Spekulationsblase?
Am Anfang steht die Hoffnung, eine Ware für einen höheren Preis verkaufen zu können. Werden immer mehr Menschen aktiv, entsteht eine höhere Nachfrage und die Preise steigen. Irgendwann liegen die Preise aber so hoch, dass Menschen Angst bekommen, die Preise könnten wieder fallen. Die Folge: Sie verkaufen. Und weil die Preise nun fallen, schließen sich immer mehr an – aus Sorge, sie könnten weniger Gewinn machen. Somit ist das Angebot größer als die Nachfrage. Erst sinken die Preise langsam, dann immer schneller. Am Ende steht die Spekulationsblase, die unweigerlich geplatzt ist. |
Von der Tulpenmanie zum Tulpencrash
Wann genau es zum Tulpencrash kam, ist nicht mehr nachzuweisen, man geht aber davon aus, dass im Jahr 1637 das Unheil seinen Lauf nahm. Damals gab es in Alkmaar eine Auktion, bei der zahlreiche Tulpenzwiebeln versteigert werden sollten. Das Problem: Es war Februar und die Zwiebeln waren noch in der Erde und blieben dort auch bis nach der Blüte. Das bedeutet, dass die Käufer die Ware, die sie kaufen sollten, nicht sahen. Diese Art des Handels war allerdings nicht unüblich und nannte sich Termingeschäft. Man vereinbarte einen Preis, dieser wurde aber erst bei Übergabe der Ware gezahlt.
Nun begannen in den Folgemonaten die Tulpenpreise zu sinken – der Grund ist bis heute nicht bekannt. Die Preise fielen immer tiefer, sodass es zum Tulpencrash kam. Die Käufer, die noch im Februar horrende Preise für die in der Erde befindlichen Tulpenzwiebeln boten, wollten nun nicht mehr bezahlen.
Das Ende der Tulpenmanie
Sie läuteten damit das Ende der Tulpenmanie in den Niederlanden ein. Zwar gab es gültige Verträge, doch was konnte man schon gegen die Menge an nichtzahlenden Käufern ausrichten? Erst ein Jahr später hat eine einberufene Kommission beschlossen, dass alle Verträge ungültig waren und sprachen dem Verkäufer eine Entschädigung zu, die allerdings nur einen Bruchteil des Kaufpreises ausmachte – sie lag zwischen 3,5 und 5,0 Prozent. Von den erhofften 70.000 Gulden erhielt er gerade einmal zwischen 2.450 und 3.500 Gulden.
Die Niederländer und die Tulpen
Nach dem Tulpencrash war der Handel mit Tulpen allerdings nicht erledigt. Es gab durchaus weiterhin gefragte Blumenzwiebeln, die auch teilweise höhere Preise erzielte, spekuliert wurde mit Tulpen allerdings nicht mehr. Stattdessen wurden sie sogar wieder nach Fernost exportiert. Doch die Tulpen ließen die Niederländer nie los.
So entwickelte sich das Land zu einem der wichtigsten Exportländer für Tulpen. Mit großem Abstand sind bei den Exporten für Schnittblumen auf Platz 1 die Niederlande zu finden. Sie exportieren pro Jahr Blumen im Wert von über 6 Milliarden Euro. Das entspricht einem Weltmarktanteil von rund 50 Prozent.