Bio-Saatgut ist gut für die Umwelt und besser für die Gesundheit. Aber: Was ist überhaupt Bio-Samen und warum ist Bio-Saatgut teuer als konventionelles Saatgut? Sind Gütesiegel tatsächlich ein verlässlicher Garant für hochwertige Bio-Samen? Wir sind diesen Fragen im folgenden Artikel nachgegangen.
Was ist Bio-Saatgut?
Im Handel ist mittlerweile ein großes Angebot an Bio-Samen vorzufinden. Generell hängt die Qualität von Samen von Parametern wie kräftiges Wachstum der Keimlinge, gute Keimfähigkeit, hoher Ertrag oder üppige Blütenpracht sowie von erwünschten Resistenzen ab. Bio-Saatgut stammt aus Betrieben, die die Mutterpflanzen nach Vorschriften für den Bio-Anbau anbauen. Das bedeutet, dass die Pflanzen auf ökologischen Flächen angebaut werden und weder mineralischer Stickstoffdünger noch chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel Verwendung finden. Der Anbau der Mutterpflanzen bezieht unter anderem die Gründüngung ein und die Samen werden nicht gebeizt.
Gebeiztes Saatgut ist beim Verschlucken gesundheitsschädlich und für Vögel giftig. Bleibt dieser Samen offen liegen, stellt er somit eine tödliche Gefahr für Vögel und andere Tiere dar. Außerdem ist das behandelte Saatgut längerfristig in Gewässern riskant, denn es ist für Wasserorganismen schädlich. Beizen des Samens ist eine vorbeugende Maßnahme im Pflanzenschutz, wobei ein Pflanzenschutzmittel auf die Samen verteilt wird. Somit bleiben die Sämlinge vor Fraßschädlingen und Pilzen verschont.
Bio-Saatgut ist in der Regel beständiger und robuster als Samen aus konventionellem Anbau. Es gilt als resistenter gegenüber Wetterwechsel und Schädlingen, da es aufgrund des ökologischen Anbaus der Mutterpflanze Abwehrkräfte bilden kann. Da keine chemischen Mittel verwendet werden, kann sich der Samen an seine Umgebung anpassen. Außerdem ist Bio-Saatgut in der Regel samenfest: Die Pflanzen bilden Samen, sodass der Gärtner oder Bauer neues Saatgut gewinnen kann. Diese Samen weisen die gleichen Eigenschaften wie das vorherige Saatgut auf.
Gütesiegel für Bio-Saatgut unter die Lupe genommen
Saatgut, das nach EU-Bio-Standard zertifiziert ist, darf von einer konventionell gezüchteten Sorte stammen, wenn die Vermehrung mindestens ein Jahr lang in einem Bio-Betrieb stattfand. CMS-Hybride sind beim EU-Bio-Zertifikat erlaubt. Dabei werden in einem Labor männliche Samen einer Pflanze sterilisiert, wodurch sich die Pflanzen nicht mehr unkontrolliert befruchten können und ebenso eine kontrollierte Kreuzung möglich ist. Das heißt: Der Gärtner oder Bauer kann keine Samen aus seinen Pflanzen für den erneuten Anbau gewinnen.
Hybrid-Sorten sind an dem Namenszusatz F1 erkennbar. Diese Samen dürfen nicht als Bio-Saatgut gekennzeichnet sein. Ansonsten ist keine Kennzeichnung vorgeschrieben. Somit ist es möglich, dass sich in einem Samenbeutel CMS-Hybrid-Sorten befinden, beispielsweise bei Samenmischungen.
Das bedeutet, dass die Vorgaben für Bio-Saatgut eher locker sind. Die Pflanzen können im Gewächshaus oder im Freiland angebaut werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Anbau in unseren Breitengraden oder in anderen Ländern geschieht. Demensprechend kann es sein, dass sich die aus dem Samen entstehenden Pflanzen nicht gut entwickeln, weil sie mit dem Klima nicht zurechtkommen.
Damit die Samen an den Standort und die Region angepasst sind, sollten Verbraucher zu Bio-Saatgut von Züchtern greifen, die Pflanzensorten über mehrere Jahre biologisch anbauen. Ein Bio-Siegel garantiert ebenso nicht, dass das Saatgut samenfest ist und aus den daraus entstehenden Pflanzen neue Samen gewonnen werden können. Wie oben beschrieben sind Hybrid-Sorten nicht vermehrungsfähig. Der Gärtner oder der Bauer muss deshalb immer neuen Samen kaufen, weil die Pflanzen nur einmal austreiben.
Diese Bio-Labels liefern samenfestes Bio-Saatgut
Bei Saatgut von Demeter, Naturland und Bioland kann der Verbraucher sicher sein, dass er keine CMS-Hybride kauft, denn diese sind bei den Verbänden verboten. Saatgut von Bingenheimer, Arche Noah und Dreschflegel sind ebenfalls frei von CMS-Hybriden. Diese Unternehmen oder Verbände haben als Ziel, alte Sorten zu erhalten und zu vermehren. Weiteres empfehlenswertes Bio-Saatgut stammt von Samenfest und Samenbau-Nordost.
Demeter
Die Pflanzenzüchtung von Demeter erfolgt nach strengen Kriterien. Die Züchtung erfolgt biodynamisch, das heißt: Im Einklang mit der Natur. Außerdem gibt es standortbezogene Sorten, die den Bedingungen der jeweiligen Region angepasst sind. Demeter-Saatgut ist samenfest.
Bingenheimer
Bei Bingenheimer sind Hybrid-Sorten, Gentechnologie und Patente ausgeschlossen. Die Züchtung erfolgt nach biodynamischen Kriterien und das Saatgut stammt aus Deutschland und benachbarten Ländern. Es gibt über 480 Sorten, darunter haben 150 Sorten Demeter-Qualität.
Arche Noah
Der Verein Arche Noah wurde 1989 gegründet. Er pflegt und bewahrt gefährdete Getreide-, Obst- und Gemüsesorten, damit seltene und traditionelle Sorten in den Handel und in die Gärten kommen können. Das Samenarchiv enthält mehr als 5.500 Kulturpflanzensorten.
Dreschflegel
Das Bio-Saatgut von Dreschflegel stammt aus einer langjährigen Sortenentwicklung. Das samenfeste Saatgut stammt von 17 Höfen, die biologische Saatgutzüchtung und –vermehrung betreiben. Die Mutterpflanzen werden überwiegend im Freiland angebaut. Die Sorten werden an vielen Orten entwickelt und ausgewählt, damit es regional angepasste Züchtungen gibt. Dreschflegel ist den Verbänden Demeter, Verbund Ökohöfe, Naturland, Bioland und Gäa angeschlossen und richtet sich zudem an die Vorgaben der EG-Öko-Verordnung.
Samenfest
Samenfest ist ein Demeter-Betrieb, der seit 2006 besteht. Er erzeugt samenfestes Saatgut von Zierpflanzen und Gemüse. Dabei stehen alte Sorten im Fokus. Das Saatgut stammt aus Gärten im Breisgau.
Samenbau Nordost
Für Samenbau Nordost haben sich fünf Gärtnerbetriebe zusammengeschlossen. Sie betreiben biologische Vermehrung von Saatgut von Blumen, Kräutern, Nutzpflanzen und Gemüse. Die Kooperative baut in erster Linie Wildpflanzen, Raritäten sowie alte Sorten aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Brandenburg an. Die Sorten sind robust, freilandtauglich und standortangepasst. Samenbau Nordost ist dem Verbund Ökohöfe und Demeter angeschlossen und richtet sich außerdem an die EG-Öko-Verordnung.
Naturland
Naturland gehört mit rund 100.000 Erzeugern in 60 Ländern weltweit zu den größten Öko-Verbänden. Die Richtlinien des Verbandes entsprechen einem ganzheitlichen Ansatz. Das Label wurde von Verbrauchern, Wissenschaftlern und Landwirten im Jahre 1982 gegründet. Ziel war und ist die weltweite Förderung des ökologischen Landbaus.
Bioland
Der Verband Bioland ist der größte deutsche Anbauverband, der sich für die Weiterentwicklung und Förderung des Öko-Landbaus einsetzt. Bioland ist seit 1978 ein eingetragenes Warenzeichen. Da der Verband großen Wert auf regionale Erzeugung legt, erhalten ausschließlich Betriebe in Deutschland und Südtirol das Siegel.
Tipp: Manche Bio-Landwirte verkaufen im Herbst Saatgut von Gemüse und Obst. Weil dieser Samen an das Klima in der Region gewöhnt ist, gedeihen die Pflanzen meistens sehr gut.