Mal Hand aufs Herz: Brennnesseln im Garten? Wer will das schon? Eine Pflanze, die für viele überhaupt keinen Nutzen hat und als lästiges und wucherndes Unkraut angesehen wird. Wenn man sich allerdings etwas näher mit der Brennnessel beschäftigt, wird man feststellen, dass die Pflanze mehr ist, als nur ein Unkraut. Wir möchten Ihnen die Brennnessel etwas genauer vorstellen und zeigen, was das Wildkraut alles kann und wofür Sie es verwenden können.
Brennnesseln – ein Steckbrief
Name: Brennnessel
Alternative Namen: Haarnessel, Hanfnessel, Tausendnessel, Saunessel, Nettel
Botanischer Name: Urtica
Familie: Brennnesselgewächse
Vorkommen: weltweit (außer Antarktis)
Arten: ca. 30
Wuchshöhe: bis zu 2 Meter
Blütezeit: Juni bis Oktober
Blütenfarbe: gelb-bräunlich
Brennnesseln – Vorsicht, Brennhaare!
Warum brennt die Brennnessel eigentlich? Nun, das liegt an einer Kombination aus Brennhaaren und Pflanzengift. Mit dieser Methode schützt sich die Brennnessel vor Feinden. Das können Fressfeinde ebenso sein, wie auch der Mensch, denn wer schon einmal in Kontakt mit einer Brennnessel kam, der weiß, dass das doch ziemlich schmerzhaft sein kann. Es brennt, es juckt und es bilden sich rote Quaddeln. Das ist nicht gefährlich für den Menschen, aber er wird beim nächsten Mal wohl besser aufpassen.
Die kleinen feinen Härchen, die sich an den Stielen und an den Blättern befinden, sind sehr fein, sehr spitz und brechen bei Berührung. Da sie hohl sind, wird beim Brechen der Haare das Pflanzengift herausgespritzt. Dieses besteht aus Histamin, Acetylcholin, Natriumformiat, Serotonin und Ameisensäure. Kommt nun die Haut damit in Berührung, schmerzt es.
Brennnesseln ernten, ohne sich zu verbrennen
Wer ganz sicher gehen möchte, der sollte bei der Ernte von Brennnesseln Handschuhe anziehen. Es geht aber auch ohne. Die Härchen sind an den Stielen nach oben und an der Unterseite der Blätter nach außen gerichtet. Wer mit den Fingern an den Stielen von unten nach oben und an den Blättern von innen nach außen streicht, der sorgt dafür, dass die Härchen nicht abbrechen, man sich also auch nicht verbrennt.
Was tun, wenn´s brennt?
Brennt es dann doch einmal, ist das kein Beinbruch, ist auch gar nicht schlimm und schmerzt auch nicht tagelang. Zuerst sollten Sie die betroffene Stelle abwaschen oder mit einem Tuch abreiben, um die Härchen zu entfernen. Dann hilft es, die betroffenen Stellen zu kühlen. Spucke kann bereits Linderung bringen, noch besser ist kaltes Wasser, Eis oder eine Aloe Vera Salbe. Auch Spitzwegerich hilft, indem man den Saft der Pflanze auf die brennenden Stellen reibt – aber wer hat schon Spitzwegerich zur Hand? Aber auch ohne Behandlung lassen die „Schmerzen“ nach kurzer Zeit schon wieder nach, die entstandenen Quaddeln verschwinden ebenfalls nach spätestens einem Tag wieder.
Brennnesseln im Garten – pro und kontra
Zugegeben, wenn sich Brennnesseln im Blumenbeet breitmachen, ist das unschön und kann auch dazu führen, dass andere Pflanzen unterdrückt werden. In diesem Fall sollten Sie sie entfernen. Ansonsten spricht aber einiges dafür, Brennnesseln im Garten stehen zu lassen.
Pro Brennnesseln | Kontra Brennnesseln |
Futterquelle für Insekten | Neigen zum Wuchern |
Pflanze mit Heilwirkung | Bilden weite Wurzelausläufer |
Kann in der Küche verwendet werden | Sieht nicht für jeden schön aus |
Ist ein guter Dünger | |
Wird gegen Schädlinge eingesetzt | |
Kann Pflanzenkrankheiten vorbeugen |
Wachsen Brennnesseln in Bereichen, in denen sie stören, sollten Sie sie entfernen. Hierbei ist es sinnvoll, die gesamte Pflanze zu entfernen, denn Brennnesseln vermehren sich über Wurzelausläufer. Werden Wurzeln nicht entfernt, kommt die Pflanze an anderer Stelle wieder. Daher: Pflanze mit der Grabegabel aus dem Boden heben und die Erde rundherum gut auflockern, um Wurzelausläufer zu finden. Besonders tief müssen Sie dabei nicht graben, denn Brennnesselwurzeln wachsen recht flach und bohren sich nicht tief in die Erde. Brennnesseln, die in Gartenbereichen wachsen, in denen sie nicht stören, sollten Sie dagegen stehen lassen.
Übrigens: Dort, wo Brennnesseln wachsen, ist der Boden besonders nährstoffreich und mit viel Stickstoff angereichert.
Brennnesseln – Futterquelle für Tiere
Wer einen Garten hat, sollte auch daran denken, dass Pflanzen, die uns Menschen vielleicht nicht so gefallen, für Tiere nützlich sind. Obwohl die Brennnessel sich zu wehren weiß, ist sie für zahlreiche Insekten sehr wichtig.
- Die Raupen der Schmetterlingsarten Tagpfauenauge, Admiral, Kleiner Fuchs und Landkärtchen ernähren sich ausschließlich von Brennnesseln – ohne diese verhungern die Raupen.
- Schmetterlinge legen Ihre Eier auf den Blattunterseiten ab. So ist das Gelege gut geschützt und die Raupen haben nach dem Schlüpfen die Mahlzeit direkt vor der Haustüre.
- Die Schmetterlingsraupen des Admiral rollen Brennnesselblätter oftmals zusammen, um sich darin tagsüber zu verstecken.
- Ebenfalls als Versteck dienen die Blätter Ohrwürmern, Nesselzünslern und Kugelspinnen.
- Auch manche Schneckenarten nutzen die Brennnessel als schützenden Ruheplatz, manche Schnecken lassen sich die Brennnessel zudem schmecken.
- Wanzen und Schaumzikaden ernähren sich vom Pflanzensaft der Brennnessel.
- Zahlreiche Käfer, darunter der Marienkäfer, nutzen die Brennnesseln als Jagdrevier nach anderen Insekten.
Die Brennnessel – eine wahre Wunderwaffe
Seit vielen tausend Jahren kennt die Menschheit die Brennnessel als Heilpflanze – sie ist damit eine der ältesten bekannten Heilpflanzen der Menschheitsgeschichte. Bereits in der Antike setzte man das Wildkraut ein, um diverse Leiden zu lindern. Heute ist das ein wenig in Vergessenheit geraten, wird aber durch die Wahl der Brennnessel zur Heilpflanze des Jahres 2022 wieder mehr in den Fokus gerückt.
So kann die Brennnessel aufgrund ihrer wertvollen Inhaltsstoffe gegen zahlreiche Wehwehchen eingesetzt werden. Verwendet werden vor allem die Blätter und die Wurzeln. Folgende Einsatzgebiete sind bekannt:
- Entwässerung
- Entschlackung
- Harnwegsinfekte
- Prostataerkrankungen
- Vorbeugung von Nieren- und Blasensteinen
- Blasenentzündung
- Darminfektionen
- Chronische Darmerkrankungen
- Arthrose
- Arthritis
- Rheuma
- Förderung der Durchblutung
- Stärkung der Abwehrkräfte
- Senkung des Blutdrucks
- Potenzsteigerung
- Haarausfall
Inhaltsstoffe der Brennnessel sind in zahlreichen Arzneimitteln zu finden. Darüber hinaus kann die Brennnessel als Tee oder als frisch gepresster Saft selbst hergestellt werden.
Achtung: Dies ist keine Gesundheitsberatung! Ob und wie Sie Brennnesseln bei sich selbst einsetzen können, sollten Sie immer mit Ihrem Arzt besprechen.
Die Brennnessel in der Küche
Brennnesseln können Sie ganz prima in der Küche verwenden. Es gibt zahleiche Möglichkeiten, schmackhafte Gerichte zu zaubern. Hinzu kommen die gesunden Inhaltsstoffe, die die Pflanze bietet. Dazu gehören:
- Vitamin A
- Vitamin B1, B2, B3, B5, B6, B7, B12
- Vitamin C
- Vitamin D
- Vitamin E
- Vitamin K
- Kalium
- Calcium
- Magnesium
- Phosphor
- Eisen
- Zink
- Kupfer
- Mangan
- Aminosäuren
- Fettsäuren
Aufgrund dieser vielen gesunden Inhaltsstoffe wird die Brennnessel nicht selten sogar zum Superfood gezählt.
So vielseitig die Inhaltsstoffe, so vielseitig kann das Wildkraut auch in der Küche verarbeitet werden. Hier einige Ideen:
- Brennnesseln als Gemüse – hier wird das Kraut wie Spinat verwendet, also zuerst gedünstet, bis die Blätter zusammengefallen sind, anschließend grob gehackt und schließlich verfeinert.
- Brennnesseln als Salat – die Blätter mit einem Nudelholz bearbeiten oder kurz blanchieren, damit die Brennhaare unschädlich gemacht werden. Nun können Sie die Blätter roh als Salat mit Dressing anmachen.
- Brennnesseln als Suppe – entweder wie einen Eintopf mit Kartoffeln, Karotten etc. kreieren oder die Blätter nach dem Kochen pürieren und die Suppe nur noch abschmecken.
- Brennnesseln zum Verfeinern von Suppen oder Soßen – entweder die Blätter zerkleinern und über die Suppe streuen oder in die Soße einarbeiten.
- Brennnesseln als Pesto – zu Nudeln schmeckt ein Brennnesselpesto mit Olivenöl, Knoblauch, Pinienkernen und Parmesankäse mit Sicherheit.
- Brennnesseln frittieren – ein köstlicher Snack für zwischendurch oder als Beilage.
- Brennnesseln als Smoothie – gesund und lecker! Die Blätter im Mixer pürieren und mit anderen Obst- und Gemüsesorten zu einem gesunden grünen Smoothie verarbeiten.
- Brennnesseln als Tee – die Blätter trocknen lassen, wodurch die Brennhaare ihre Wirkung verlieren. Danach mit heißem aber nicht kochendem Wasser übergießen und mehrere Minuten ziehen lassen. Je länger er zieht, umso stärker wird der Tee.
- Brennnesseln als knusprige Einlage – die Samen werden in einem Dörrautomaten oder in der Sonne getrocknet und können über den Salat, in Smoothies oder in die Suppe gegeben werden.
Übrigens: Verwenden Sie immer junge Blätter, also immer die oberen Blätter an der Pflanze. Diese sind schmackhafter und besitzen weniger Brennhaare.
Brennnesseln als Pflanzenschutz
Brennnesseln sind dank ihrer wertvollen Inhaltsstoffe auch sehr gut geeignet, um Pflanzen damit zu düngen bzw. diese widerstandfähiger zu machen. Besonders Pflanzen mit einem hohen Nährstoffbedarf profitieren davon. Dazu gehören zum Beispiel Tomaten, Paprika, Gurken, Kürbisse, Kartoffeln, Lauch, Sellerie, Kohl, Zucchini, aber auch Ziergehölze, Rosen, Dahlien, Geranien, Sonnenblumen und nicht zuletzt Kräuter. Sie werden mit einer selbst hergestellten Brennnesseljauche regelmäßig gegossen. So gehen Sie vor:
- Schneiden Sie etwa 1 Kilo frische Brennnesseln klein und geben Sie diese in einen großen Behälter.
- Übergießen Sie die Brennnesseln mit 10 Liter Wasser und rühren Sie gut um. Alle Pflanzenteile müssen sich im Wasser befinden.
- Auf Wunsch können Sie etwas Gesteinsmehl einrühren. Dies hat den Zweck, dass der durch die Gärung entstehende Geruch abgemildert wird.
- Decken Sie den Behälter so ab, dass noch ein Luftaustausch stattfindet.
- Lassen Sie das Gemisch rund 2 Wochen stehen und rühren Sie täglich gut um. Sobald keine Blasen mehr an der Wasseroberfläche entstehen, ist die Brennnesseljauche fertig.
- Seihen Sie die Jauche gut ab, damit sich keine Pflanzenrückstände mehr in der Brühe befinden.
- Verdünnen Sie vor dem Gießen die Brennnesseljauche 1:10 mit Wasser und gießen Sie damit die entsprechenden Pflanzen.
Mit der Brennnesseljauche können Sie Ihre Pflanzen nicht nur düngen, sondern auch stärken.
Brennnesseln zur Schädlingsbekämpfung
Auch das ist beim Alleskönner möglich: Brennnesseln werden gerne bei einem Blattlaus- oder Spinnmilbenbefall eingesetzt. In diesem Fall hilft ein Brennnesselsud, den Sie kalt oder heiß herstellen können.
Kaltwassersud
- 1 kg frische Brennnesseln
- 10 Liter Wasser
- Brennnesseln maximal 48 Stunden einweichen, sie dürfen noch nicht gären.
- Abseihen und im Verhältnis 1:5 mit Wasser verdünnen.
Heißwassersud
- 1 kg frische Brennnesseln
- 10 Liter Wasser
- Brennnesseln für eine halbe Stunde leicht köcheln lassen.
- Abkühlen lassen und abseihen, danach im Verhältnis 1:5 mit Wasser verdünnen.
Der Brennnesselsud kann direkt auf die mit Schädlingen betroffenen Pflanzen aufgesprüht werden. Den Vorgang täglich mehrere Tage hintereinander wiederholen, bis die Schädlinge nicht mehr zu sehen sind. Das Ganze 2 Wochen später nochmals wiederholen, da während dieser Zeit Läuse aus Eiern schlüpfen können.
Übrigens: Brennnesselsud können Sie auch als Bioherbizid gegen Unkräuter einsetzen.