In immer mehr Städten sind sie zu finden: Gemeinschaftsgärten, die die urbanen Bereiche verschönern sollen. Doch das ist nicht die einzige Aufgabe dieser grünen Oasen, denn auch die Selbstversorgung spielt eine große Rolle. Und natürlich das Gärtnern zusammen mit vielen anderen Menschen.
Gemeinschaftsgärten im Laufe der Zeit
Die Idee, einen Garten gemeinsam mit anderen zu bewirtschaften ist relativ alt. Will man die Ursprünge erkunden, muss man weit in der Zeit zurückgehen.
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Vom Römischen Reich bis ins Mittelalter
Schon die alten Römer haben gewusst, wie man gemeinschaftlich gärtnert. Bereits während der Zeit des Römischen Reiches hat man Gemeinschaftsgärten für die Nahrungsmittelproduktion genutzt. Es wird sogar vermutet, dass im Alten Ägypten, das viele Jahrhunderte früher existierte, ebenfalls schon gemeinschaftlich Lebensmittel angebaut wurden. Dieser Trend zog sich durch die Jahrhunderte und machte im Mittelalter nicht Halt. Hier waren vor allem Dorfgärten und Klostergärten zu finden.
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Das 19. Jahrhundert
Der moderne Trend der Gemeinschaftsgärten begann im 19. Jahrhundert in den Industriestädten Europas und Nordamerikas. Mit der Industrialisierung und der Verstädterung fanden viele Menschen keinen mehr für private Gärten und schlossen sich zusammen. Gemeinschaftsgärten boten somit eine Möglichkeit, zusammen Land zu bewirtschaften und soziale Bindungen in der Gemeinschaft zu stärken.
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Die Weltkriegszeit
Während der beiden Weltkriege war die Lebensmittelversorgung knapp, weswegen Gemeinschaftsgärten an großer Bedeutung gewannen und eine wichtige Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln spielten. In den Vereinigten Staaten hatte man während des Ersten Weltkriegs sogenannte Victory Gardens angelegt, um die entstandene Lebensmittelknappheit zu bekämpfen. Ähnlich wurden auch während des Zweiten Weltkriegs Kriegsgärten genutzt.
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Die 60er und 79er Jahre
Eine Renaissance erlebten Gemeinschaftsgärten dann in den 1960er und 1970er Jahren und das vor allem in Großstädten. Diese Bewegung hatte damals bereits die Grundsätze der Selbstversorgung, des Umweltschutzes und der sozialen Gerechtigkeit. Beispiele hierfür sind die Allotment Gardens in Großbritannien und die Scherbergärten in Deutschland.
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Heute
In jüngster Zeit erleben Gemeinschaftsgärten erneut eine hohe Popularität und das nicht nur bei uns in Deutschland, sondern weltweit. Dies ist mitunter eine Reaktion auf die Globalisierung und die damit verbundene Entfremdung von Lebensmitteln und Natur. Gemeinschaftsgärten dienen allerdings nicht nur der Nahrungsmittelproduktion, sondern auch der Förderung der Gemeinschaft, der Umweltbildung und dem Erhalt der Artenvielfalt.
7 Schritte zum Gemeinschaftsgarten
Am einfachsten ist es sicherlich, wenn man selbst ein Grundstück besitzt und dieses für einen Gemeinschaftsgarten zur Verfügung stellt. Doch das hat gerade in Städten nicht jeder, daher bedarf das Gründen eines Gemeinschaftsgartens neben dem Suchen nach einem passenden Grundstück auch Planung, Organisation und nicht zuletzt Engagement von allen Beteiligten. Wir zeigen Ihnen hier einen Weg auf, wie jeder einen Gemeinschaftsgarten gründen kann.
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Schritt 1: Interessengruppe bilden
Am Beginn steht die Frage, wer sich alles um einen Gemeinschaftsgarten kümmern will und kann. Neben Verwandten, Freunden und Bekannten können dies vor allem Nachbarn oder auch Mitglieder einer örtlichen Gemeinschaftsorganisation sein. Auch Schulen stehen für solche Projekte immer wieder gerne zur Verfügung, um die Kinder und Jugendliche an Themen wie Selbstversorgung, Umwelt und Artenvielfalt heranzuführen.
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Schritt 2: Standort suchen
Die Wahl des Standortes ist gar nicht so schwer, denn geeignete Flächen gibt es mehr als genug. Ob private Grundstücke, leerstehende Grundstücke, brache Flächen, ungenutzte Bereiche eines Parks, Schulgelände etc. Oft werden solche Flächen von Städten und Gemeinden sogar direkt angeboten. Besonders wichtig bei der Wahl des richtigen Standortes sind auch Fragen nach der Qualität des Bodens (bietet er keine guten Bedingungen kann beispielsweise auch mit Hochbeeten gearbeitet werden) und nach der Bewässerung. Gibt es einen Brunnen, muss in jedem Fall die Wasserqualität überprüft werden. Ansonsten ist es sinnvoll, nach alternativen Wasserquellen zu suchen, wie etwa Tonnen, Regensegel oder auch öffentliche Hydranten. Eine Stromversorgung kann in manchen Fällen ebenfalls wichtig sein. Weiterhin sollte das Grundstück über ausreichend Sonneneinstrahlung verfügen.
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Schritt 3: Genehmigungen einholen
Je nach der Fläche, die auserkoren wurde, kann es sein, dass Sie eine Genehmigung für die Gründung eines Gemeinschaftsgartens benötigen. Dies kann vom Nutzungsrecht der Fläche über einen Pachtvertrag, Baugenehmigungen für Gewächshäuser, Zäune etc., Wasserrechte, Umweltgenehmigungen, gewerbliche und steuerliche Genehmigungen, Haftpflichtversicherung und Bebauungsplänen bis hin zur Nachbarschaftszustimmung reichen. Wenden Sie sich im Zweifel an die zuständige Stadt oder Gemeinde, die hier mit Sicherheit weiterhelfen kann.
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Schritt 4: Finanzplan erstellen
Für die Bewirtschaftung eines Gemeinschaftsgartens können Kosten anfallen. Dazu zählen zum Beispiel
- Pachtgebühren / Miete
- Stromkosten
- Wassergebühren
- Instandhaltungskosten
- Müllgebühren
- Versicherungen
- Anschaffung von Gartengeräten
- Anschaffung von Samen / Setzlingen / Pflanzen
- weitere Anschaffungskosten wie Zäune, Beetbegrenzungen, Gewächshäuser, Hochbeete etc.
Für all diese Ausgaben sollten Sie einen Finanzplan erstellen, damit klar ist, wie die Kosten gedeckt werden können. Möglichkeiten neben der Eigenfinanzierung sind etwa Spenden, Partnerschaften mit lokalen Unternehmen, Crowdfunding oder staatliche Fördermittel (mehr dazu weiter unten beim Punkt Rechtsform).
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Schritt 5: Struktur festlegen und Regeln entwerfen
Wenn sich viele Personen gemeinsam um ein Projekt kümmern, ist es immer wichtig, dass eine Organisationsstruktur für die Entscheidungsfindung festgelegt wird. Auch ist es sinnvoll, sich regelmäßig zu treffen, um Probleme, Anliegen, Fragen etc. zu erörtern. Hinzu kommen gewisse Regeln, die aufzeigen, was gemacht werden darf und was nicht erlaubt ist, wie neue Mitglieder zur Gruppe hinzustoßen können und auf welche Art der Gemeinschaftsgarten angelegt und strukturiert werden soll.
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Schritt 6: Gartenplanung und Gestaltung
Wie soll der Gemeinschaftsgarten aussehen und aufgeteilt werden? Wie kann er am besten und effizientesten genutzt werden? Wie sollen Beete, Wege, Gemeinschaftsbereiche etc. angelegt werden? Mit einem Gartenplan können Sie vorher festlegen, wo sich was befinden soll und somit die Effizienz steigern. Dabei sollten alle Mitglieder in die Planung einbezogen werden. Ganz nach dem Motto: Viele Köpfe, viele Ideen.
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Schritt 7: Gartenarbeit beginnen
Nun kann es losgehen. Legen Sie gemeinsam Beete an, installieren Sie nützliche Dinge wie Bewässerungssysteme, säen oder pflanzen Sie und haben Sie viel Freude an Ihrem Gemeinschaftsgarten. Sofern das Grundstück entsprechend groß ist, kann ein Gemeinschaftsgarten übrigens auch die Möglichkeit bieten, sich dort zu erholen oder Feste zu feiern.
Gemeinschaftsgärten – die Rechtsform
Einen Gemeinschaftsgarten zu betreiben bedeutet nicht, dass Sie zwingend eine Rechtsform wählen müssen. Viele Gemeinschaften werden als sogenannte informelle Gruppen geführt. In manchen Fällen kann eine bestimmte Rechtsform aber sinnvoll sein. Vor allem, wenn es um staatliche Förderungen geht. Privatpersonen können solche Förderungen in der Regel nämlich nicht in Anspruch nehmen. Daher ist die Gründung eines Vereins sinnvoll. Organisiert werden können Gemeinschaftsgärten aber auch als Genossenschaften, gemeinnützige Stiftungen oder Kooperativen.
So können Sie Gemeinschaftsgärten nutzen
Die Hauptaufgabe in einem Gemeinschaftsgarten ist das Gärtnern, also die Aussaat, die Pflege und die Ernte von Pflanzen. Dabei können aber nicht nur Gemüse, Obst und Kräuter angebaut, sondern der Garten mit Blumen, Büschen, Hecken, Sträuchern etc. gestaltet werden. Er dient somit auch der Erholung. Doch was ist darüber hinaus noch in einem Gemeinschaftsgarten möglich?
- Kompostieren von organischen Abfällen.
- Durchführung von Bildungsveranstaltungen und Workshops zu Gartenbau, Umweltschutz etc.
- Organisation von gemeinschaftlichen Veranstaltungen wie Picknicks oder Grillfeste.
- Nutzung von Gemeinschaftsbereichen zum Entspannen, Lesen oder Spielen.
- Durchführung von Kunst- und Kulturveranstaltungen wie Konzerte oder Kunstausstellungen.
- Anlage von Insektenhotels oder anderen ökologischen Strukturen.
- Durchführung von Yoga- und Fitnesskursen im Freien.
- Einrichtung von Bereichen für Kinder zum Spielen oder Lernen.
- Installation von Wassersammelsystemen zur Bewässerung von Pflanzen
Was erlaubt ist und was nicht, wird von den Mitgliedern und Nutzern geregelt. Dennoch kann es auch allgemeine Vorschriften geben, an die man sich zu halten hat, etwa bei Veranstaltungen – hierzu geben die zuständigen Ämter Auskunft.
Die Vorteile von Gemeinschaftsgärten im Überblick
Sehen wir uns zum Schluss noch die Vorteile von Gemeinschaftsgärten in einer kompakten Aufstellung an:
- Förderung der Gemeinschaftsbildung: In Gemeinschaftsgärten kommen Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Lebensstile zusammen, um sich zu treffen, zusammenzuarbeiten und Beziehungen aufzubauen. Der soziale Zusammenhalt wird dadurch gefördert und die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft gestärkt.
- Gesunde Ernährung und Lebensmittelversorgung: Durch den gemeinschaftlichen Anbau von frischem Obst, Gemüse und Kräutern vor Ort kann jeder auf gesunde Lebensmittel zurückgreifen. Teure Waren aus Supermärkten und Lebensmittel aus dem Ausland gehören so der Vergangenheit an.
- Umweltfreundliche Praktiken: Der biologische Anbau, die Kompostierung und das Wassersparen werden durch Gemeinschaftsgärten gefördert. Die Gärten dienen als grüne Oasen in städtischen Umgebungen, verbessern die Luftqualität und erhalten die Biodiversität.
- Stressabbau und Gesundheitsförderung: Durch das Gärtnern und die Zeit im Freien wird Stress abgebaut, sodass das allgemeine Wohlbefinden gefördert wird. Gemeinschaftsgärten bieten einen Ort der Entspannung und des Rückzugs aus dem hektischen Alltag.
- Bildung und Erfahrungsaustausch: Gemeinschaftsgärten bieten Möglichkeiten zur Bildung und zum Erfahrungsaustausch in Bereichen wie Gartenbau, Umweltschutz, Ernährung und nachhaltiger Lebensweise. Mitglieder können voneinander lernen und ihr Wissen teilen.
- Nutzung brachliegender Flächen: Gerade in Städten gibt es zahlreiche brachliegende oder ungenutzte Flächen, die so zu neuem Leben erweckt und sinnvoll genutzt werden können. Sie tragen zur Verschönerung der Umgebung bei und verhindern die Versiegelung von Grünflächen.
- Stärkung der lokalen Wirtschaft: Gemeinschaftsgärten können zur Stärkung der lokalen Wirtschaft beitragen, indem sie den Bedarf an Importen von Lebensmitteln reduzieren und lokale Handwerker und Lieferanten unterstützen.
- Integration und kultureller Austausch: Wird ein Raum für Menschen verschiedener kultureller Hintergründe gesucht, um sich zu treffen, gemeinsam zu arbeiten und voneinander zu lernen, sind Gemeinschaftsgärten die perfekte Lösung. Sie fördern die Integration und den interkulturellen Austausch.
Möchten Sie sich an bestehenden Gemeinschaftsgärten beteiligen, ist die Suche gar nicht schwer. Zum einen kann Ihnen eventuell Ihre Stadt oder Gemeinde bereits weiterhelfen – hier gibt es nicht selten lokale Community-Websites. Ansonsten können Sie online Verzeichnisse für bestimmte Regionen oder Bundesländer finden. Auch bei Garten- und Umweltorganisationen können Kontakte vermittelt werden.