Sie machen ihrem Namen alle Ehre, denn wer den Stechpalmen zu nahe kommt, der wird gepikst. Der Grund: Die Blätter sehen zwar wunderschön aus, doch sie haben zahlreiche Dornen, die vor Fressfeinden schützen. Vielleicht liegt es an der doch recht ungewöhnlichen Optik, dass Stechpalmen seit jeher mit Geschichten, Mythen und Symbolik versehen wurden. Begeben wir uns gemeinsam auf eine Reise durch die Zeit.
Stechpalmen – ein Steckbrief
Vorher werfen wir einen kurzen Blick auf die Eckdaten der Stechpalme:
- Name: Stechpalme
- Botanischer Name: Ilex
- Alternative Namen: Hülsdorn, Hulst, Stechhülsen, Christdorn, Winterbeeren
- Familie: Stechpalmengewächse
- Arten: ca. 400
- Herkunft: Europa, Nordafrika, Westasien
- Größe: bis zu 10 Meter
- Blühzeit: Mai und Juni
- Blühfarbe: unscheinbare weiße Blüten
- Früchte: Rote Beeren
- Winterhart
- Immergrün
Für Mensch und Haustiere ist die bei uns vorkommende Stechpalme giftig , ungiftig ist sie für Vögel. Andere Arten sind hingegen zum Verzehr geeignet. So wird aus Ilex paraguaiensis der Mate-Tee gewonnen. Die Blüten von Ilex aquifolium sind Bestandteil der bekannten Bachblütentherapie. Und weil das Holz der Stechpalme sich gut verarbeiten und polieren lässt, wurden aus ihm früher Spazierstöcke gemacht – selbst Goethe hatte einen!
Der Stechpalme wurde vieles nachgesagt
Es gibt wohl kaum eine Pflanze, die im Bereich der Mythologie so viel unterschiedliche Symbolik aufweist, wie die Stechpalme.
Schutz vor dem Bösen
Römer wie Griechen und sogar die Briten erkannten schon recht früh, dann Pflanzen mit immergrünem Laub in Mitteleuropa sehr selten waren. Aus diesem Grund entstand der Brauch, sich Zweige der Stechpalme im Winter ins Haus zu holen. Was einen hübschen Schmuck darstellte, hatte für sie aber eine weitaus wichtigere Bedeutung. So sollte die Stechpalme das Anwesen vor bösen Geistern und bösem Zauber schützen, ebenso vor Blitzen, Stürmen und sonstigen Gefahren, die gefährlich werden konnten. Gleichzeitig lockte man gute Geister, wohlgesinnte Walddämonen und Feen an und bot ihnen in der kalten Jahreszeit einen Unterschlupf.
Weiterhin sagen Legenden, dass in Kriegen zahlreiche Menschen unter dem dichten Laub von Ilex-Hecken Schutz fanden und von den Feinden nicht entdeckt wurden. Somit wurde auch hier die Stechpalme zum Symbol für Schutz vor dem Bösen.
Gesundheit und das ewige Leben
In vielen Kulturen und Religionen sah man in Stechpalmen ein Symbol für Gesundheit und nicht zuletzt für das ewige Leben. Neben den Stechpalmen holte man sich daher auch viele weitere wintergrüne Pflanzen ins Haus, darunter Wacholder, Eiben, Buchsbaum und Rosmarin. Die Stechpalme war dagegen noch mehr, denn sie wurde als Wohnsitz von Göttern angesehen. Somit war für die Menschen klar, dass dies ein Zeichen des ewigen Lebens bedeutet, wenn man sich die Zweige ins Haus holt.
Wohlwollen und Zuwendung
Hätten die Römer damals bereits Lotto gespielt, sie hätten sicherlich auf die Stechpalme zurückgegriffen, denn sie stand auch als Symbol für Zuwendung und Wohlwollen.
Hoffnung und Liebe
Zum Symbol der Hoffnung wurden die Blätter der Stechpalme, die jedem Wetter standhielten. Gleichzeitig sah man in den roten Beeren, die auch in den kalten Wintermonaten nicht von den Zweigen abfielen ein Symbol der Liebe.
Ilex – Baum der Götter der Unterwelt
Die Römer, die Griechen, die Kelten, die Druiden – diese und viele andere Kulturen konnten der Stechpalme etwas abgewinnen. Auch spirituell war sie von Bedeutung, etwa bei den Walisern. Die Pflanze war eng mit dem Ritter des schwindenden Jahres verbunden. Brach die Zeit der Sommersonnenwende an, wurden die Tage kürzer und der Gott der Erde und der Unterwelt stellte seine Ansprüche an die Sonne – bis zur Wintersonnenwende, dann übernahm der Himmelsgott, der die Eiche als Symbol trug.
In der nordischen Mythologie ist Hel die Göttin der Toten und der Unterwelt. Sie regiert über Helheim, den Ort, an den die Seelen der Verstorbenen gehen, die weder in die Halle der Tapferen, also nach Walhalla, noch in das Totenreich der Frostriesen aufgenommen wurden. Ihr Baum ist die Stechpalme – vermutlich deshalb, weil die Dornen des Ilex als Metapher für die scharfen Grenzen zwischen Leben und Tod angesehen werden.
Die Stechpalme bei Harry Potter
Wussten Sie, dass sogar bei Harry Potter die Stechpalme eine wichtige Rolle spielt? So wurde der Zauberstab von Harry Potter aus Stechpalmenholz gefertigt. Der Ilex steht für Schutz, Abwehr und die Überwindung von Hindernissen. Diese Eigenschaften passen gut zum Charakter des jungen Zauberers, der sich immer wieder Gefahren und dunklen Mächten stellen muss. Ebenso wie Entschlossenheit und Durchhaltevermögen.
Auch seine Vergangenheit könnte bei der Auswahl des Holzes eine Rolle gespielt haben. Als Kind verlor er seine Eltern durch die Hände Lord Voldemorts. Somit könnte die Stechpalme als Symbol für den Schutz und die Verteidigung angesehen werden, also als Gegenpol zu den dunklen Kräften, die ihn umgeben.
Die Stechpalme als christliches Symbol
Der Ilex wird auch immer wieder als christliches Symbol angesehen. Besonders die Verbindung zwischen der Stechpalme und Weihnachten hat historische, kulturelle und symbolische Wurzeln.
- Symbol für ewiges Leben und Hoffnung: Die immergrünen Blätter der Stechpalme repräsentieren das ewige Leben und die Hoffnung. Während des Winters, wenn viele anderen Pflanzen ihre Blätter verlieren, behält die Stechpalme ihre grüne Farbe. Dies wird als Symbol für das Leben inmitten der Dunkelheit und Kälte interpretiert, was gut zu den christlichen Botschaften von Licht und Hoffnung in der Weihnachtszeit passt.
- Christus-Symbolik: Einige Interpretationen sehen in der Stechpalme christliche Symbole. Die Dornen der Stechpalme könnten als Anspielung auf die Dornenkrone dienen, die Jesus Christus während der Kreuzigung trug. Die roten Beeren könnten symbolisch für sein vergossenes Blut stehen.
- Traditionelle Dekoration: In einigen Regionen und Kulturen wurden Stechpalmenzweige traditionell als Dekoration während der Weihnachtszeit verwendet. Die glänzenden Blätter und die roten Beeren verleihen festliche Farben und bringen einen Hauch von Natur ins Haus.
- Heidnische Traditionen und Brauchtum: Vor der Christianisierung wurden immergrüne Pflanzen in verschiedenen Kulturen als Symbole für das Überleben und die Wiedergeburt während des Winters verwendet. Die Integration solcher Symbole in christliche Feierlichkeiten, einschließlich Weihnachten, half bei der Annahme und Integration von heidnischen Traditionen.
Neben Weihnachten hat die Stechpalme auch am Palmsonntag, dem Sonntag vor Ostern, eine entscheidende Bedeutung. An diesem Sonntag wird dem Einzug Jesu in Jerusalem gedacht. Zur damaligen Zeit jubelte das Volk dem Heiland mit Palmzweigen zu. Da Palmen in vielen Breitengraden nicht zur Verfügung stehen und zu besagter Jahreszeit wenig grüne Pflanzen vorhanden sind, nutzt man bis heute immergrüne Pflanzen wie die Stechpalme, um den Palmsonntag zu feiern.