Gehören Sie auch zu denjenigen, die nicht scharf genug essen können oder treibt es Ihnen bereits beim Anblick von Chilis die Tränen in die Augen? Chili gehört für viele in die gute Küche, egal, ob als frische Frucht oder als getrocknetes Pulver. Chilis sind in knackigen Salaten ebenso gerne gesehen wie als Gewürz in Suppen, Eintöpfen, in Marinaden, zu Fleisch, zu Soßen etc. Und natürlich kann man Chilis auch roh essen. Vielleicht haben Sie ja eine Chilipflanze bei sich zuhause und naschen ab und zu davon. Denn Chilis müssen nicht scharf sein, sie können sogar ausgesprochen mild und fruchtig schmecken.
Chili – ein Steckbrief
Name: Chili
Botanischer Name: Capsicum annuum
Familie: Nachtschattengewächse
Herkunft: Mittel- und Südamerika
Wuchshöhe: 1 bis 1,5 Meter
Erntezeitpunkt: August bis Oktober
Inhaltsstoffe: Capsaicin, Carotinoide, Vitamin C, ätherische Öle
Chilis sind eine Unterform der Paprika, zu letzterer gehören unter anderem auch Peperoni, Jalapeno und Spanischer Pfeffer.
Was macht Chili scharf?
Wer sich den Steckbrief der Chili aufmerksam durchgelesen hat, der ist bereits über den Inhaltsstoff gestolpert, der für die Schärfe von Chilis verantwortlich ist: Capsaicin. Dabei handelt es sich um ein Alkaloid, also um basische Stickstoffverbindungen. Dazu gehören zum Beispiel auch Nikotin, Koffein, Morphin und auch Chinin.
Capsaicin wurde von der Natur so angelegt, dass das Alkaloid die Pflanze vor Fressfeinden schützt. Säugetiere machen um Chilis einen großen Bogen, Vögel macht die Schärfe dagegen nichts aus, sodass diese die Saat weiterverbreiten können. Dadurch ist das Fortbestehen der Chilipflanze gesichert. Das meiste Capsaicin ist übrigens im Kernkörper (dem weißen Innern, auch Placenta genannt) der Chili zu finden, an denen sich auch die Kerne, also die Samen, befinden. Da Chilis unterschiedliche Schärfegrade aufweisen, wurde die sogenannte Scoville-Skala eingeführt.
Die Scoville-Skala
Zwei Werte bilden die Grenzen der Scoville-Skala. Auf der einen Seite ist dies der Wert 0, der angibt, dass in der Frucht gar kein Capsaicin enthalten ist, wie etwa in der Gemüsepaprika. Auf der anderen Seite steht der Wert 16 Millionen Scoville. Dabei handelt es sich um reine Capsaicin-Kristalle. Um die Einheiten noch genauer zu definieren, werden diese zusätzlich mit Schärfegraden versehen, deren Einteilung vermutlich aus Mexiko stammt. Ursprünglich wurden die Schärfegrade bis zum Wert 10 gelistet, mittlerweile hat man diese Skala bis zu 10+++ erweitert.
Schärfegrad | Scoville | Beispiel | Empfinden |
0 | 0 | Gemüsepaprika | Mild |
1 | Bis 1.000 | Peperoni | Mild |
2 | Bis 2.000 | Rocotillo-Chili | Mild |
3 | Bis 3.000 | Sambal Oelek | Scharf |
4 | Bis 5.000 | Jalapeno | Scharf |
5 | Bis 15.000 | Hot Wax Chili | Scharf |
6 | Bis 30.000 | Chayennepfeffer | Sehr scharf |
7 | Bis 60.000 | Piri Piri | Sehr scharf |
8 | Bis 90.000 | Tabascoschote | Sehr scharf |
9 | Bis 250.000 | Habaneros | Extrem scharf |
10 | Bis 600.000 | Red Savina Chili | Extrem scharf |
10+ | Bis 1.200.000 | Trinidad Scorpion Chili | Nur für Profis |
10++ | Bis 1.500.000 | Bhut Jolokia Chili | Nur für Profis |
10+++ | Bis 2.200.000 | Carolina Reaper | Nur für Profis |
7.100.000 | Lange Zeit die schärfste Chilisoße der Welt: The Source | Nur für Profis | |
9.000.000 | Die schärfste Chilisoße der Welt: Mad Dog 357 No. 9 Plutonium | Nur für Profis | |
16.000.000 | Reines Capsaicin |
Übrigens: Um reines Capsaicin zu neutralisieren, würde man für 1 Milliliter (0,001 Liter) 16.000 Liter Wasser benötigen.
Wer hat die Scoville-Skala entwickelt?
Wilbur Lincoln Scoville hieß ein Pharmakologe, der im Jahr 1912 die nach ihm benannte Skala zur Messung der Schärfe von Chilischoten entwickelte. Ursprünglich hieß der Test „Scoville Organoleptic Test“ und wurde rein subjektiv ermittelt. Dabei wurden Probanden Testflüssigkeiten zur Probe gegeben, die immer weiter verdünnt wurden, bis keine Schärfe mehr festzustellen war. Da zum einen durch ständige Aufnahme von Capsaicin die Toleranz gegenüber Schärfe steigt, zum anderen jeder Mensch ein anderes Schärfeempfinden aufweist, wurde es schließlich durch ein Laborverfahren ersetzt. Heute nennt man das Verfahren Hochleistungsflüssigkeitschromatografie, das unter anderem die Konzentration der Capsaicinoide aufgrund ihrer Schärfe und Hitze misst.
Die schärfsten Chilis der Welt
Einfach mal herzhaft in eine Chili hineinbeißen – kann man so machen. Allerdings sollte man dabei wissen, um welche Chilis es sich handelt, denn das kann leicht ins Auge gehen. Apropos Auge: Nach dem Verarbeiten von Chili bitte immer gründlich die Hände mit Seife waschen, die Schärfe kann im Auge oder auch an anderen Körperstellen sehr unangenehm werden. Was aber sind nun die schärfste Chilis der Welt?
- Platz 1: Smokin´ Ed´s Carolina Reaper
Sie hat es mit einem Spitzenwert von 2,2 Millionen Scoville bis ganz nach oben geschafft. Auch einen Eintrag ins Guinnessbuch hat sie erhalten hier allerdings mit einem Wert von 1,6 Millionen Scoville. Das liegt daran, dass die Früchte unterschiedliche Schärfen aufweisen können. Seit dem Jahr 2013 hält sie den Rekord und ist eine Züchtung aus roten Habaneros und Bhut Jolokia aus Indien.
- Platz 2: Trinidad Moruga Scorpion
Mehr als eineinhalb Jahre war diese Chili Spitzenreiter und zwar von Februar 2012 bis November 2013, ehe sie vom Thron gestoßen wurde. Die Trinidad Moruga Scorpion kommt auf 2,09 Millionen Scoville und wurde im Karibikstaat Trinidad und Tobago gezüchtet.
- Platz 3: 7 Pot Douglah
Wie auch die Carolina Reaper ist die 7 Pot Douglah eine Kreuzung aus Habanero und Bhut Jolokia. Sie bringt es auf 1,85 Millionen Scoville. Auch diese Capsicum chinese kommt aus Trinidad und Tobago.
- Platz 4: 7 Pot Primo
Mit 1,46 Millionen Scoville ist die 7 Pot Prima immer noch in einem Bereich zu finden, der als unmenschlich scharf klassifiziert ist. Die Kreuzung aus 7 Pot und Naga Morich wurde im Jahr 2055 gezüchtet und stammt ebenfalls aus Trinidad und Tobago.
- Platz 5: Trinidad Scorpion
Zwar nur auf Platz 5, schaffte es die Trinidad Scorpion von 2011 bis 2013 immerhin ins Guinnessbuch der Rekorde als damals schärfste Chilipflanze der Welt, mit 1,46 Millionen Scoville.
Schärfe ist keine Geschmacksrichtung
Der Mensch kann vier Geschmacksrichtungen identifizieren. Ganz vorne an der Zungenspitze schmecken wir süß, an den Seitenrändern wird es sauer. Ebenfalls an der Spitze und an den Rändern schmecken wir zudem salzig und ganz hinten am Zungengrund ist es bitter. Wo aber schmecken wir nun scharf? Nun, eigentlich nirgends, denn Schärfe kann man nicht schmecken. Wenn wir etwas als scharf empfinden, dann liegt das daran, dass der Inhaltsstoff – in diesem Fall das Capsaicin – die Schmerz- und Wärmesensoren unserer Nerven beeinflusst. Die Folge: es brennt!
Da jeder Mensch Schärfe anders empfindet, können manche beispielsweise Tabascosoße pur essen, anderen brennt schon nach einer milden Peperoni die Zunge. Auch wer oft scharf isst, verliert auf die Dauer die Sensibilität, was zur Folge hat, dass er immer schärfer nachwürzen kann. Doch was ist noch gesund und wo wird es gefährlich?
Was verträgt der Mensch?
In Bezug auf Capsaicin wurde in der Vergangenheit sehr viel geforscht. Während die einen sagen, dass es egal sei, wie hoch der Capsaicin-Gehalt ist, schädlich sei er nicht, sagt zum Beispiel das Bundesinstitut für Risikobewertung, dass Lebensmittel mit einem Scoville-Wert über 100.000 nicht mehr als sicher angesehen werden können. Eine eindeutige Grenze kann aufgrund von den vorher genannten Randbedingungen nicht gezogen werden. Es kann also nicht gesagt werden, wie viel der Mensch verträgt.
Wer schärfere Chilis, Gewürze oder Soßen ausprobieren möchte, sollte es daher vorsichtig angehen. Der Genuss kann nämlich zu diversen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, gerade bei empfindlichen Menschen, führen:
- Hitzewallungen, Schweißausbrüche
- Atemnot
- Sodbrennen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Schleimhautreizungen
- Durchfall
- Bluthochdruck
- Kreislaufkollaps
Diese genannten „Horrorszenarien“ treten aber wirklich nur dann auf, wenn man viel zu scharf ist und Capsaicin in hohen Dosen konsumiert. Wer es moderat angehen lässt, muss sich also nicht sorgen.
Schärfe ist gesund
Dabei ist scharfes Essen sogar gesund. Von Schokolade sagt man, sie mache glücklich. Bei Chilis ist das übrigens genauso. Der Grund: Capsaicin setzt durch den Schmerzreiz Endorphine frei. Weitere Vorteile für die Gesundheit:
- Die Verdauung wird durch die Steigerung der Magensaftsekretion angekurbelt.
- Durch eine erhöhte Magensaftproduktion können fette Speisen besser verdaut werden.
- Der Speichelfluss wird angeregt, was eine positive Wirkung auf unsere Zähne hat.
- Die Durchblutung wird verbessert und kann bei Verspannungen helfen.
- Unsere Schleimhäute werden stimuliert, das Geschmacksempfinden dadurch gesteigert.
- Durch Schwitzen kann der Körper abkühlen, was vor allem in warmen Ländern praktiziert wird.
- Die Sättigungsgrenze kann durch scharfes Essen schneller erreicht werden. Der Grund: Wer scharf isst, isst automatisch langsamer.
Capsaicin in der Medizin
Das Alkaloid Capsaicin erfreut aber nicht nur Scharfesser, sondern hat auch medizinisch einen Nutzen. So ist es in zahlreichen medizinischen Produkten zu finden – wie etwa in Wärmesalben und Wärmepflastern. Eingesetzt wird es zum Beispiel bei
- Muskelschmerzen
- Nackenverspannungen
- Nervenschmerzen
- Gelenkproblemen
- Rheuma
- Entzündungserkrankungen (Fibromyalgie)
- Juckreiz
- Schuppenflechte
- Allergischer Schnupfen
Übrigens ist in Pfeffersprays ebenfalls Capsaicin zu finden.
Wie kann man Schärfe neutralisieren?
Wer gerne mit Chilis kocht, dem ist es sicherlich schon einmal passiert, dass das Essen zu scharf geworden ist. Kein Problem – anders als beim Salz können Sie die Schärfe abmildern und das Essen somit retten. Diese Möglichkeiten haben Sie:
- Milchprodukte zugeben
Milch kann Schärfe binden, genauer das Fett in der Milch. Daher ist es möglich, durch die Zugabe von Milchprodukten die Schärfe herauszunehmen. Hierfür eigenen sich neben Milch auch Joghurt, Quark, Schmand, Sahne, Butter, Kokosmilch und Mascarpone. Und selbst Speiseöl bewirkt eine Entschärfung.
- Fett abschöpfen
Im Fett bindet sich also die Schärfe. Haben Sie ein Gericht, wie etwa eine Suppe oder einen Eintopf, bei dem sich an der Oberfläche Fett sammelt, können Sie das Fett einfach abschöpfen.
- Essen süßen
Als Gegenpart zur Schärfe fungiert Süße. Zucker oder Honig kann Ihr Essen also wieder genießbar machen.
- Mehr Flüssigkeit zugeben
Wenn möglich können Sie auch neutrale Flüssigkeiten wie Wasser, Gemüsebrühe oder Wein hinzugeben und so die Schärfe „verwässern“.
- Kartoffeln mitkochen
Wenn Sie die Möglichkeit haben, dann geben Sie Kartoffeln zum Essen dazu und lassen Sie diese mitköcheln. Das Gemüse saugt sich nicht nur mit der Flüssigkeit voll, sondern nimmt auch die Schärfe an. Anschließend können Sie die Kartoffeln wieder herausfischen. Klappt übrigens auch mit Karotten.
Und noch ein Tipp für alle, die zu scharfe Chili schon vorher entschärfen möchten: Schneiden Sie die Chili klein und bestreuen Sie diese mit ausreichend Salz. Gut umrühren und für ca. 30 Minuten stehen lassen. In dieser Zeit wird den Chilis das Wasser entzogen und somit auch die Schärfe.
Chilis: wenn der Mund „brennt“
Zu scharf gewürzt und vorher nicht probiert? Oder einfach mal in eine scharfe Chili gebissen? Wenn es bereits zu spät ist und der Mund zu brennen beginnt, ist guter Rat teuer. Der erste Gedanke: Wasser trinken – doch das ist genau falsch! Denn Capsaicin ist nicht wasserlöslich, dafür aber fettlöslich. Was also bei der Zubereitung von Essen klappt, funktioniert auch hier:
- Milchprodukte trinken
Wer zu scharf gegessen hat, der kann die Schärfe mit Milch, Buttermilch, Joghurt oder Quark lindern. Ebenfalls möglich ist es, einen Teelöffel Öl im Mund zu verteilen und danach wieder auszuspucken.
- Zucker oder Honig essen
Auch Süße neutralisiert Schärfe, wie schon beim Kochen angesprochen. Trinken Sie eine Glas Zuckerwasser oder lutschen Sie einen Teelöffel Honig, das sollte bereits Linderung bringen.
- Brot essen
Nehmen Sie ein Stück Brot, geben Sie idealerweise ein wenig Butter darauf, und kauen Sie dieses so lange wie möglich. So wird das Capsaicin im Mund ebenfalls entschärft.
Milch, Öl oder Honig helfen im Übrigen auch, wenn Sie zum Beispiel ein Wärmepflaster zu lange auf der Haut gelassen oder eine zu große Menge einer Wärmesalbe genommen haben. Reiben Sie die betroffene Stelle mit den genannten Mitteln ein. Bringen Sie keinesfalls Wasser auf die Haut, da sich der Effekt sonst noch verstärken kann. Auch sollten Sie sich bei einer Überdosierung nicht in der Sonne aufhalten.