Das Svalbard Seed Vault ist die größte Samenbank der Welt und dient als Arche Noah für Saatgut. Der Samentresor auf der zu Norwegen gehörenden Insel Spitzbergen befindet sich in einem Berg und soll Samen vor dem Klimawandel schützen. Das Projekt wird vom Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt betrieben und dient dem Schutz der Arten- und Varietäten-Diversität von Nutzpflanzen.
Idee für das Samenlager: Speicherung und Sicherung von Samen und Saatgut
Die Idee für das Svalbard Seed Vault entstand bereits in den 1980er Jahren. Ziel war der Erhalt der Arten- und Varietäten-Diversität von Nutzpflanzen durch die Einlagerung und Sicherung von Samen.
Bereits 1984 entstand mit der Nordic Gene Bank ein Vorläufer des weltgrößten Samentresors. Viele Regierungen der Welt unterzeichneten 2001 einen Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft. Dieser Vertrag bildete die Grundlage für ein multilaterales System für pflanzengenetische Ressourcen und deren internationalen Zugang. Die norwegische Regierung entschied sich dafür, die in der Arktis gelegene norwegische Inselgruppe Svalbard mit der Hauptinsel Spitzbergen als Standort für die weltweit größte Samenbank zu wählen.
Für die Wahl des Standorts sprachen mehrere Faktoren:
- keine tektonischen Aktivitäten im Umkreis
- gut ausgebaute Infrastruktur
- schnelle Erreichbarkeit
- Frostumgebung, die das gesamte Jahr über anhält
- leistungsfähiges Kraftwerk in der Nähe, das die Energieversorgung sichert
Baubeginn und Eröffnung des Svalbard Seed Vault: erster Spatenstich 2006
Der erste Spatenstich für das Svalbard Seed Vault wurde am 19. Juni 2006 durch den damaligen norwegischen Staatsminister und heutigen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ausgeführt. Mit dabei waren Politiker aus Schweden, Finnland, Island und Dänemark. Die Samenbank nahm ihre Arbeit schon im November 2007 auf, doch erfolgte die feierliche Eröffnung erst im Februar 2008. Mehr als 320.000 Samen wurden anlässlich der Eröffnungsfeier in der Samenbank eingelagert.
Zu Problemen an den Bauten kam es im Eröffnungsjahr, als die Statik gefährdet war, da der Permafrostboden im Eingangsbereich langsam auftaute. Eine bauliche Nachrüstung erfolgte. Weitere Probleme traten Ende 2016 auf, als die lokale Durchschnittstemperatur mit 7 Grad Celsius über dem Jahresdurchschnitt lag. Tauwasser vom Permafrostboden drang in den Eingangstunnel ein, wo es gefror.
Bei der Planung des Samentresors wurden solche Effekte nicht bedacht. Um die Samen nicht zu gefährden, wurden Abflussscharten außerhalb der Anlage angelegt und Pumpen sowie Drainagegitter innerhalb der Anlage installiert. Zusätzlich wurden die Lagerregale durch wasserdichte Schutzwände gesichert.
Konstruktion des ultimativen Samenlagers: in den Berg gehauen
Von außen sieht das Svalbard Seed Vault eher unspektakulär aus. Es befindet sich in der Nähe der Stadt Longyearbyen, nicht weit entfernt vom Flughafen. Das Samenlager wurde in den Berg gehauen und befindet sich 130 Meter über dem Meeresspiegel. Über dem Eingangstor befindet sich eine Glasfaserkunstinstallation mit Beleuchtung, die von der norwegischen Künstlerin Dyweke Sanne geschaffen wurde. Mehr als 100 Meter in den Berg hinein müssen Sie zurücklegen, um zum eigentlichen Lager zu gelangen.
Das Lager befindet sich unter Gesteinsschichten, die 40 bis 60 Meter dick sind. Da der Berg durch Permafrost geschützt ist, liegen die Temperaturen in seinem Inneren konstant bei 3 bis 4 Grad Celsius. Die Aufbewahrung und Sicherung des genetischen Materials ist dadurch einfacher. Zusätzlich ist das Lager mit einem Kühlsystem ausgestattet, mit dem die Temperatur des Saatgutlagers konstant bei minus 18 Grad gehalten wird. Fällt der Strom aus, sind separate Generatoren vorhanden, die bei Bedarf Strom erzeugen.
Innenleben des Lagers: geteilt in drei Hallen
Das Lager besteht aus drei Hallen, von denen jede eine Grundfläche von 9,5 x 27 Metern hat. Nur eine der drei Hallen ist gegenwärtig in Betrieb. In jeder Halle können ungefähr 1,5 Millionen Samenproben gelagert werden. Die Gesamtkapazität der Samenbank liegt also bei 4,5 Millionen Samenproben. Diese Kapazität ist noch lange nicht ausgeschöpft, denn gegenwärtig befinden sich ungefähr 900.000 Samenproben im Samentresor. Die zweite Halle wird vorbereitet und heruntergekühlt, wenn die erste Halle mit ihrer Kapazität an ihre Grenzen stößt.
Sinn der Samenbank: Sicherung der künftigen Ernährung
Die Samenbank auf Spitzbergen wird vom Welttreuhandfonds für Kulturpflanzenvielfalt (Global Crop Diversity Trust, GCDT) betrieben und dient der treuhänderischen Aufbewahrung von Nutzpflanzensamen. Die Samen werden lediglich eingelagert. Mit ihnen wird nicht gearbeitet, denn Experimente und Neuzüchtungen sind nicht das Ziel. Kopien von Samen werden von internationalen Saatgutbanken geliefert und in deren Auftrag eingelagert. Dabei bleiben die Samen Eigentum dieser Saatgutbanken und werden nur dann im Auftrag des Eigentümers entnommen, wenn Saatgut verlorengegangen ist. Die eingelagerten Samen dienen der Ernährungssicherheit und sollen die nachhaltige Landwirtschaft absichern. Erstmals im September 2015 wurden Samenproben herausgegeben, die vom Internationalen Zentrum für landwirtschaftliche Forschung in Trockengebieten im syrischen Aleppo angefordert wurden.
Pflanzengenetische Ressourcen: Fundament zur Entwicklung verbesserter Pflanzensorten
Auch wenn die in der Samenbank gelagerten Samen nicht zu Forschungszwecken dienen, können sie als pflanzengenetische Ressourcen das Fundament für die Entwicklung verbesserter Pflanzensorten durch Pflanzenzüchter und Wissenschaftler bilden. Die Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion der Zukunft können damit unterstützt werden. Die neuen Pflanzensorten können an die Umweltbedingungen angepasst werden, um
- Pflanzen resistent gegen Schädlinge und Krankheiten zu machen,
- eine bessere Lebensmittelversorgung zu sichern und
- Pflanzen an den Klimawandel und veränderte Wachstumsbedingungen anzupassen.
Kommt es zu einer globalen Katastrophe, bei der viele Pflanzen vernichtet werden, sind die Kopien der Samen im Svalbard Seed Vault vorhanden und können entnommen werden. Die Saatgutbank dient als Backup. Bei einer Naturkatastrophe, politischen Unruhen und anderen Problemen wird das Fortbestehen der Landwirtschaft durch die eingelagerten Samen gesichert.
Unterschiedliche Haltbarkeit der Samen: von 55 bis 10.000 Jahren
Im Samentresor lagern Samen der 21 weltweit wichtigsten Nutzpflanzen, zu denen Weizen, Reis, Mais, Äpfel, Kartoffeln, Kokosnuss, Wasserbrotwurzel oder Maniok gehören. Die Samen werden in gut verpackten Samenkisten geliefert und bei Ankunft auf dem Flughafen von Longyearbyen mit einem Röntgenscanner geprüft, damit kein Fremdmaterial eingeschleust wird. Die Kisten werden dann von Mitarbeitern der Genbank des Nordischen Rates in Empfang genommen und im Tresor eingelagert.
Abhängig von der Pflanzenart sind die Samen unterschiedlich lange haltbar. Die Samen von Sonnenblumen haben eine Haltbarkeit von ungefähr 55 Jahren, während Erbsensamen bis zu 10.000 Jahren haltbar sind. Samen, die in die Jahre gekommen sind, werden ersetzt.
Svalbard Seed Vault besuchen: nur Eingangsbereich kann besichtigt werden
Haben Sie Lust, das Svalbard Seed Vault zu besuchen, ist das bei einer Reise nach Spitzbergen möglich. Nach Spitzbergen werden verschiedene Kreuzfahrten angeboten. Sie benötigen eine Genehmigung, wenn Sie das Gebiet besuchen möchten, da auch die Gefahr besteht, von Eisbären überrascht zu werden. Zudem ist ein Linienflug nach Longyearbyen möglich.
In der Nähe des Samentresors befinden sich mehrere Hotels. Allerdings können Sie nur den Eingangsbereich des Samentresors besichtigen. Es ist aus Sicherheitsgründen nicht gestattet, den Innenbereich zu besichtigen. Fotos vom Eingangsbereich dürfen jedoch aufgenommen werden.