Ob Reihenhaus, Einfamilienhaus, Doppelhaushälfte, die meisten verfügen über einen Vorgarten. Ja sogar vor so manchem Mehrfamilienhaus sind Vorgärten zu finden, besonders dann, wenn diese aus der Gründerzeit stammen und im Jugendstil errichtet wurden. Ein Vorgarten wird dabei von den meisten wohl als Aushängeschild betrachtet, ist es doch das Erste, was man beim Betreten eines Grundstückes sieht. Somit legen viele besonderen Wert auf eine hübsche Gestaltung. Andere sehen hierin einen Bereich, der praktisch genutzt werden kann, wie etwa als Parkplatz für Auto, Motor- und Fahrräder oder für die Mülltonnen. Gerne wird auch kombiniert und nicht selten wird der Vorgarten mit Schotter versehen, damit er – augenscheinlich – so wenig Arbeit wie möglich macht. Ob das tatsächlich so ist, werden wir gleich noch näher betrachten.
Kleiner geschichtlicher Exkurs
Werfen wir doch mal einen kleinen Blick zurück in die Geschichte. Wie Vorgärten entstanden sind, darüber lässt sich kaum etwas finden. Bei Gärten im Allgemeinen ist das schon etwas anderes. Diese existierten wohl schon in der Steinzeit. Damals aber wohl kaum als Ziergarten, sondern viel mehr als Nutzgarten für Gemüse, Obst und Kräuter. Im Laufe der Zeit hat sich das immer wieder etwas gewandelt und war von Epoche zu Epoche unterschiedlich – man denke nur mal an die königlichen französischen Barockgärten.
Vorgärten haben besonders im ländlichen Dorfbild eine lange Tradition. Früher dienten sie als Abgrenzung des Hauses zur Straße. Die Vermutung liegt nahe, dass zu Beginn der Idee Grünstreifen und Gräben die Straße von den Häusern trennte. In größeren Bereichen wurden die grünen Flächen vor den Häusern dann als Nutzgarten verwendet und eingezäunt. Im 19. Jahrhundert, in der die Städte sich immer weiter vergrößerten, wurde diese Idee wohl als Gestaltungselement übernommen. Aus dem Nutzgarten wurde ein Ziergarten.
Vorgärten – die Gestaltungsmöglichkeiten
In der heutigen Zeit wird vermutlich kaum jemand in seinem Vorgarten Tomaten, Kartoffeln und Blumenkohl anbauen. Die meisten versuchen sicherlich, den Vorgarten hübsch und im eigenen Stil zu gestalten. Hier kommen Hecken, kleinere Bäume, Büsche, Stauden und natürlich ein Rasen zum Einsatz. Auch mobile Pflanzkübel sind eine Möglichkeit, gerade dann, wenn der Vorgarten größentechnisch nicht viel hergibt. Wichtig ist zudem ein leichter Zugang zum Haus, ein Weg kann dabei unterschiedlich gestaltet werden, etwa mit Schotter, mit Trittsteinen, mit Holzfliesen oder als gepflasterte Fläche. Weiterhin ist die Integration von Mülltonnen, einem Briefkasten und eventuell einem Abstellplatz für Fahrräder sinnvoll. Aufgepeppt werden Vorgärten gerne mit Sitzmöglichkeiten wie einer Bank, Figuren aller Art, Lichtern, bepflanzten Wannen und Kübeln, Rosenbögen, Dekokugeln, Baumstämmen, geschmückten Leiterwägen und vielen mehr. Zwei Dinge sind dabei besonders wichtig: Der Vorgarten soll repräsentativ und pflegeleicht sein.
Vorgärten mit Schotter auffüllen
Weniger ist mehr, so denken sich das einige und schütten ein paar Tonnen Schotter in ihren Vorgarten. Hinzu kommen ein paar Alibipflanzen, damit wenigstens etwas Grün da ist. Aber Hauptsache pflegeleicht. Tja, nur dass diese Schottergärten alles andere als pflegeleicht sind. Ein Schottergarten besteht aus einer etwa 10 Zentimeter dicken Schicht aus Schottersteinen oder Kieseln. Darunter bedeckt ein Vlies oder ein Kunststoffgewebe den Boden komplett, sodass Pflanzen und Wildkräuter kaum eine Chance haben. Dennoch sind Schottergärten von einer leichten Pflege weit entfernt:
- Herbstlaub, Blütenstaub, organisches Material und sonstiger Schmutz bleiben im Schotter stecken und müssen mühsam entfernt werden. Oftmals per Hand, denn eine Harke hat bei einer Steinschicht keine Chance.
- Samen dringen tief in den Schotter vor, sammeln sich dort und beginnen irgendwann zu keimen, sodass zwischen den Steinen dann doch wieder Wildkräuter wachsen.
- Im Laufe der Zeit bilden sich auf den Steinen Algen und Moose, die nur mit chemischen Mitteln entfernt werden können. Das wiederum töten Lebewesen!
Ein Schottergarten mag im ersten Jahr noch sauber bleiben, aber irgendwann ist es damit vorbei. Und mal ganz abgesehen davon, sind graue Steinwüsten doch nun nicht wirklich schön!
Vorgärten aus Schotter – katastrophale Ökobilanz
Schotter im Vorgarten ist also weder schön, noch pflegeleicht, geschweige denn gut für die Umwelt. Es ist eine tote Steinwüste, die keinerlei Vorteile bietet:
- Der Boden wird durch die Versiegelung geschädigt, die Bodenfruchtbarkeit geht verloren, Bodenlebewesen können nicht mehr überleben.
- Durch den verdichteten Boden kann Regen nur schlecht abfließen. Bei Starkregen kann das dazu führen, dass es zu Überschwemmungen kommt. Die Kanalisation kann das Wasser dann nicht mehr aufnehmen, es muss sich neue Wege suchen. Gerne mal in den eigenen Keller. Gefiltert im Grundwasser landet das Wasser so auf jeden Fall nicht.
- Gerne werden in Schottergärten Pflanzen wie Buchsbäume oder verschiedene Gräser angepflanzt. Diese Alibi-Pflanzen bieten Insekten keinen Lebensraum und keine Nahrung. Somit ist das Ganze ökologisch wertlos.
- Unsere Städte erwärmen sich im Sommer bereits kräftig, Schottergärten leisten ihren Beitrag dazu. Während Pflanzen die Luft kühlen, wird sie durch die Steine noch weiter erwärmt, selbst nachts wird weiterhin Wärme abgestrahlt.
- Durch den Schotter werden Umweltgeräusche wie Autolärm verstärkt.
- Staub kann nicht mehr gefiltert werden, weil die Pflanzen fehlen. Stattdessen reichert er sich zusammen mit Stickstoffoxiden weiter an.
- Nicht zuletzt geht ein Vorgarten aus Schotter ziemlich ins Geld. Denn hierbei sind nicht nur die Anschaffungskosten von mehreren hundert Euro pro Tonne zu beachten, sondern auch die Tatsachse, dass der Schotter regelmäßig gereinigt werden muss. Experten sagen, etwa alle 5 bis 10 Jahre die Steine komplett abgetragen und gesäubert werden müssen, außerdem muss das Vlies erneuert werden.
Schottergärten sind in einigen Bundesländern bereits verboten, so etwa in Baden-Württemberg, in Hamburg, in Sachsen-Anhalt und in Schleswig-Holstein. In anderen Bundesländern wird über ein Verbot nachgedacht, in Bayern beispielsweise wird den Kommunen überlassen, ein Verbot auszusprechen.
Übrigens ist ein Stein- oder Kiesgarten kein Schottergarten. Im Steingarten, die der alpinen Hochlandschaft nachempfunden sind, werden nämlich Pflanzen kultiviert, die auf nährstoffarmen und kargen Böden wachsen.
Initiative „Rettet den Vorgarten“
Der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. hat bereits im Jahr 2017 die Initiative „Rettet den Vorgarten“ ins Leben gerufen. Dabei wird nicht nur aufgezeigt, welche Vorteile bepflanzte Vorgärten haben, es gibt auch rechtliche Informationen für Kommunen und Tipps und Tricks für Hausbesitzer. Werden Inspirationen gesucht, wie Vorgärten sinnvoll gestaltet werden können, haben die Experten für Garten und Landschaft einige Ideen parat. Damit der Vorgarten wieder zur Visitenkarten des Hauses und der Bewohner wird und die Lebensqualität aller gesteigert wird.